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Vogelschutzgebiet Fiener Bruch

Größe [ha]: 3.664
Codierung: SPA0013
Landkreise und kreisfreie Städte: Jerichower Land
Verwaltungseinheiten: Einheitsgemeinde Stadt Jerichow; Einheitsgemeinde Stadt Genthin

Gebietsbeschreibung

Das EU SPA „Vogelschutzgebiet Fiener Bruch" ist im Landkreis Jerichower Land gelegen und hat eine Fläche von 3.664 ha. Es befindet sich im Osten des Landes Sachsen-Anhalts, die östliche Grenze entspricht der Landesgrenze zu Brandenburg. Im Land Brandenburg setzt sich der Naturraum des Niedermoores fort und ist hier ebenfalls als EU SPA ausgewiesen. Die Ortschaften Karow, Paplitz, Tucheim und Fienerode umrahmen das EU SPA. Die Gebietsgrenzen folgen von der Landesgrenze aus überwiegend dem Verlauf von Gräben oder Wegen. Den Status als Vogelschutzgebiet in Sachsen-Anhalt erhielt das Fiener Bruch im Jahr 2000. Mit 9.000 ha wurde das Gebiet 2000/2002 außerdem zu einem länderübergreifenden Important Bird Area (IBA) erklärt (BICH & SCHMIDT 2005). Das Vogelschutzgebiet wurde 2018 mit Inkrafttreten der Landesverordnung Natura 2000 (N2000-LVO LSA) rechtlich gesichert. Innerhalb des EU SPA befindet sich das NSG „Fiener Bruch", das 1997 zum Schutz der Großtrappe ausgewiesen wurde. Die meisten Gräben innerhalb des EU SPA sind Bestandteil des FFH-Gebietes „Fiener Bruch".

Das Fiener Bruch befindet sich nördlich des Flämings und südlich der Karower Platte. Es gehört zur Landschaftseinheit und zum gleichnamigen Naturraum Baruther Urstromtal/Fiener Bruch. Kleine Flächenanteile entfallen auf die Einheiten Ländchen im Elbe-Havel- Winkel und Burger Vorfläming.

Das Niederungsgebiet wird überwiegend von Niedermooren geprägt, nur sehr kleinräumig sind Flugsand- bzw. Talsandinseln eingebettet. Im östlichen Teil sind quartäre Sande und Kiese der Flussauen und Niederungen mit oberflächennahen Torfen und anmoorigen Bindungen zu finden. Im Westen des Gebietes liegen quartäre Sande und Kiese unter Geschiebemergel, lokal mit Decksanden, über tertiären Schichten (LPR 2011).

Die nahezu ebene Niederung liegt sehr flach auf nur 35-38 m über NN. Das natürlich sumpfige Gebiet war bis in das 17. Jahrhundert mit Sumpfwäldern bestockt, die später durch Entwässerung und großflächige Rodungen in Wiesen umgewandelt wurden. Umfangreiche Meliorationsmaßnahmen im 18. Jahrhundert ermöglichten eine zunehmende Grünlandnutzung auf den Niedermoorstandorten, auch wurde stellenweise Torfabbau betrieben. Weitere Meliorationen fanden in den 1920er und 1960er Jahren statt (HELLWIG 2005b). Es entstanden große Weideflächen, auf denen Einzelbäume, Baum- und Gebüschgruppen weitestgehend verloren gingen. Nach den meliorativen Maßnahmen der 1960er Jahre war die Grünlandbewirtschaftung vorwiegend durch mehrmaligen Vollumbruch in Verbindung mit Neuansaat, intensive mineralische Düngung und ganzjährige Gülleausbringung, frühen Weideauftrieb bzw. vollmechanisierte und frühe Mahd charakterisiert. Die bis dahin häufig vertretenen, extensiv als Streuwiesen genutzten Pfeifengraswiesen wurden großflächig durch artenärmere Pflanzengesellschaften des Wirtschaftsgrünlandes ersetzt (RYSLAVY & BICH 1999, 2005) oder in Ackerflächen umgewandelt.

Auch heute dominieren weitläufige Grünland- und Feuchtgrünlandkomplexe, die ca. 90 % der Fläche des EU SPA einnehmen und zumeist sehr intensiv bewirtschaftet werden. Ein weitverzweigtes Grabensystem ist charakteristisch für das Landschaftsbild und wird zur Regelung des Wasserstandes der Feuchtwiesen genutzt. Im Norden und Süden des Vogelschutzgebietes finden sich einzelne Ackerflächen. Nur in wenigen Bereichen gibt es noch Niedermoorkomplexe. Die Niederung ist somit fast ausschließlich von Offenlandbiotopen geprägt, der Waldanteil liegt unter 1 %. Gehölze finden sich überwiegend als Baumreihen (Pappeln, Erlen, Weiden) entlang von Gräben oder Wegen. Auch die sich in Ost-West-Richtung erstreckenden Dünenzüge sind mit Baumgruppen, Feldgehölzen oder Wald (vor allem Kiefer) bestanden.

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Die besondere Bedeutung des EU SPA Fiener Bruch liegt im Vorkommen der Großtrappe, die hier eines ihrer letzten Rückzugsgebiete in Deutschland hat. Jedoch brüten auf den großräumigen Wiesen- und Ackerflächen auch weitere gefährdete Offenland- und Halboffenlandarten und auf dem Durchzug finden sich größere Rastbestände verschiedener Arten ein.

Brutvögel

Der Hauptgrund für die Ausweisung des Fiener Bruchs als EU SPA ist das Vorkommen der Großtrappe. Zwischen dem 18. Jahrhundert und 1960 war die Großtrappe im Gebiet relativ häufig. Zeitweise wurden bis zu 50 Individuen gesichtet (BORGGREVE 1869, FREIDANK & DRÖSSLER 1983). Seitdem unterliegen die Bestände dieser vom Aussterben bedrohten und inzwischen extrem seltenen Art jedoch starken Schwankungen. Nach starken Bestandsverlusten konnte ein EU-LIFE-Projekt in den Jahren 1994 bis 1996 zu einer kurzzeitigen Bestandserhöhung auf 8 bis 10 Vögel verhelfen. Anschließend sanken die Bestände jedoch wieder ab (BICH 2003). Daher wurden auch im EU SPA in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2006 und 2010 insgesamt 21 flügge Jungtrappen aus dem Aufzuchtprogramm ausgewildert (FISCHER & DORNBUSCH 2007, 2011).

Im Ergebnis stieg der Bestand deutlich an. Seit 2006 hat sich der Großtrappenbestand trotz einiger Verluste durch Winterfluchten und hohe Prädation bei einem Brutzeitbestand von 15-16 Vögeln stabilisiert (LITZBARSKI et al. 2011). Das Gebiet ist derzeit das einzige EU SPA Sachsen-Anhalts mit sicheren Brutnachweisen der Art (FISCHER & DORNBUSCH 2010b). Der Förderverein Großtrappenschutz e.V. und der Landkreis Jerichower Land unterhalten in der Paplitzer Flur eine raubwildsichere Umzäunung (Trappenschutzzaun, ca. 18 ha), die neben der Auswilderung von Jungtrappen auch dem Schutz brütender Trappenhennen vor Prädatoren dient. Bevorzugte Brutareale im EU SPA sind zum einen die zentrale Niederung des Fiener Bruchs rund um das Hauptbalzgebiet zwischen Karow und der bewaldeten Geländekante bei Paplitz sowie das Grünland in der Niederung nördlich von Tucheim. Das Einstandsgebiet der Großtrappen reicht jedoch deutlich über die Grenzen des EU SPA hinaus. Ein Individuenaustausch von Vögeln aus dem Fiener Bruch mit Vögeln aus den beiden anderen Einstandsgebieten Havelländisches Luch und Belziger Landschaftswiesen im Land Brandenburg findet regelmäßig statt (LITZBARSKI et al. 2011).

Vom Weißstorch brütete 2004 ein BP im Kerngebiet des EU SPA (HELLWIG 2005b). Zwischenzeitlich war dieser Brutplatz nicht mehr besetzt bzw. vorhanden. Im Jahr 2010 besetzte erstmals wieder ein Weißstorchpaar einen Horst innerhalb des EU SPA (M. Firla, pers. Mitt., in LPR 2011). Weitere Paare brüten in den an das Gebiet grenzenden bzw. umliegenden Orten. Die Altvögel der nächstgelegenen Brutplätze suchen das Gebiet regelmäßig zur Nahrungssuche auf.

Die Wiesenweihe war mit 0-1 BP (im Zeitraum 1990 bis 2000) unregelmäßiger Brutvogel des Gebietes (WEBER et al. 2003). Die letzten Brutnachweise für das EU SPA stammen aus den Jahren 1996 und 1997 (RYSLAVY & BICH 1999). Auch während der Ersterfassung 2004 gelang im EU SPA kein Brutnachweis (HELLWIG 2005b). Jedoch wurde 2009 ein Nistmaterial tragender Altvogel beobachtet (S. Königsmark, pers. Mitt., in LPR 2011), was auf ein Brüten innerhalb des Vogelschutzgebietes hindeutet.

Die Rohrweihe brütet im EU SPA mit 2-3 BP (WEBER et al. 2003, HELLWIG 2005b). Pappelreihen entlang von Gräben sowie am Rande der Felder sind Horststandorte von Rot- und Schwarzmilan (HELLWIG 2005b). Der Schwarzspechtbestand des Gebietes wird durch die sehr geringe Wald- und Gehölzfläche begrenzt.

Der Kranich brütet in mit Röhricht bewachsenen Gewässern, während das angrenzende Grünland als Nahrungshabitat dient. 2004 wurden im EU SPA 2 Brutvorkommen des Kranichs erfasst (HELLWIG 2005b).

Im Gebiet vertretene Wiesenbrüter sind Wachtelkönig und Großer Brachvogel. WEBER et al. (2003) geben für den Wachtelkönig im EU SPA für den Zeitraum 1990-2000 0-4 rufende Männchen an. Insgesamt ist die Art als unregelmäßiger Brutvogel des Gebietes einzustufen, der vor allem in nassen Frühjahren auftritt. Bei der Ersterfassung im Jahr 2004 gelangen keine Nachweise (HELLWIG 2005b). Die Wachtelkönig-Landeserfassung ergab jedoch wieder 1 Revier (SCHULZE 2010a). 2010 wurden zwei rufende Männchen im Nordwestteil des EU SPA auf Grünland verhört (LPR 2011). Vom Großen Brachvogel brüteten in den 1960er Jahren jährlich noch ca. 35 BP im Fiener Bruch (FREIDANK & DRÖSSLER 1983). Bis Mitte der 1990er Jahre schwankte der Bestand innerhalb des EU SPA zwischen 17 und 23 BP. Danach setzte ein erneuter Bestandsrückgang ein, so dass zwischen 2004 und 2008 im EU SPA nur noch 11-13 RP ermittelt werden konnten, die zudem einen geringen Bruterfolg hatten (HELLWIG 2005b, FISCHER & DORNBUSCH 2008). Seit 2009 ging der Bestand nochmals stark zurück (LPR 2011).

Auf Ackerflächen brüten Kiebitz und Rebhuhn. Bei der Ersterfassung wurden 2004 noch 7 Kiebitzpaare im Vogelschutzgebiet nachgewiesen (HELLWIG 2005b), alle auf Ackerflächen. 2011 gelangen aktuelle Brutnachweise auf verschiedenen Grünlandflächen im Ostteil des EU SPA, während zugleich die Ackerbrutplätze verwaist waren (LPR 2011).

Ehemalige Brutvorkommen des Wiedehopfes lagen bei Paplitz, Fienerode und Königsrode (FREIDANK & DRÖSSLER 1983). Noch für die Jahre 1994 bis 1998 wird der Brutbestand des Wiedehopfs im Fiener Bruch mit 2 bis 4 BP angegeben (RYSLAVY & BICH 1999). Aktuelle Angaben zu Brutvorkommen im Gebiet (ab 2003) liegen nicht vor (LPR 2011). Auch bei der Ersterfassung im Jahr 2004 wurde die Art nicht als Brutvogel im Gebiet nachgewiesen (HELLWIG 2005b).

Häufigere Offenlandarten des Anhang I sind im Fiener Bruch Neuntöter, Sperbergrasmücke und Ortolan (HELLWIG 2005b). Wichtige Bruthabitate des Neuntöters sind vor allem die Moordammkulturen in der westlichen Hälfte des EU SPA sowie die sonstigen durch Hecken und Baumreihen reich strukturierten offenen und halboffenen Bereiche. Deutlich dünner besiedelt ist dagegen die weitere Umgebung des Paplitzer Hauptgrabens südwestlich von Karow. Die zur Ersterfassung 2004 ermittelten 6 Reviere der Sperbergrasmücke beschränken sich auf das Kerngebiet sowie den Nordteil des EU SPA, während sich die Reviere des Ortolans am Südrand des Schutzgebietes befanden (HELLWIG 2005b).

RYSLAVY & BICH (1999) führen das Blaukehlchen als Brutvogel des benachbarten brandenburgischen EU SPA Fiener Bruch auf. Im Standarddatenbogen des EU SPA in Sachsen-Anhalt ist das Blaukehlchen weder als Brutvogel noch als Durchzügler aufgeführt. Ein neuerer Nachweis der Vogelart wurde durch T. Hellwig südlich Königsrode für das Jahr 2009 erbracht und erstmals für das sachsen-anhaltische EU SPA als Revier gewertet (FISCHER & DORNBUSCH 2010b).

Die letzten im Fiener Bruch festgestellten Bruten der Sumpfohreule erfolgten in den feldmausreichen Jahren 1998 (RYSLAVY & BICH 1999) und 2005 (FISCHER & DORNBUSCH 2006). Die erfolgreiche Brut im Jahre 2005 befand sich im EU SPA.

Das Birkhuhn ist in Sachsen-Anhalt fast oder ganz ausgestorben. DORNBUSCH et al. (2007) geben noch einen Gesamtbestand von 0 bis 5 Paaren an. Die Art ist ein ehemaliger Brutvogel des Fiener Bruchs. Nach Angaben von HEFT (1963) gab es hier Vorkommen bis 1952. Aus dem EU SPA liegen aus den 1990er Jahren noch einige wenige Beobachtungen vor (RYSLAVY 1997, RYSLAVY & BICH 1999, ABBO 2001).

Rastvögel

Die weiträumigen Grünlandflächen inmitten des Grabensystems haben eine überregionale Bedeutung als Rastplatz und Nahrungshabitat zahlreicher Zug- und Rastvögel, vor allem für Arten der Feucht- und Nasshabitate. Regelmäßig rasten hier über 1.000 Kraniche und Kiebitze. Auch Saat- und Blässgans treten in relativ hohen Rastbeständen auf (LPR 2011). Auch die im Gebiet anwesenden Großtrappen überwintern zum großen Teil im EU SPA, suchen aber auch umliegende Nahrungsflächen auf (LITZBARSKI et al. 2011).

Links/Dokumente

Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei)
verändert nach: MAMMEN, K. & U.; DORNBUSCH, G.; FISCHER, S. (2013): Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 10/2013.

Hauptteil (N2000-LVO LSA) (PDF, nicht barrierefrei)
Gebietsbezogene Anlage (N2000-LVO) (PDF, nicht barrierefrei)
Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (PDF, nicht barrierefrei)

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.

Managementplan