Schlucht- und Hangmischwälder Tilio-Acerion - LRT 9180*
Beschreibung
In diesem prioritären Lebensraumtyp sind Edellaubholz-Mischwälder vorrangig mit Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior), Berg-Ulme (Ulmus glabra) und Winter-Linde (Tilia cordata) auf Sonderstandorten wie Schluchten, an Steilhängen sowie auf Hang- bzw. Blockschuttstandorten zusammengefasst worden. Sie sind sehr selten und in Sachsen-Anhalt weitestgehend auf den Bereich der unteren bis mittleren Berglagen des Harzes beschränkt. In den Gipskarstgebieten des Harzrandes sind Schlucht- und Hangwälder typisch für Dolinen und Erdfälle. Es werden nach dem Standortklima und den Bodenverhältnissen zwei Subtypen unterschieden: Schlucht- und Hangmischwälder feucht-kühler Standorte sowie Hangschutt- und Blockhaldenwälder auf frischen bis trocken-warmen Standorten.
Standort
Die Standorte sind mikroklimatisch häufig durch hohe Luftfeuchtigkeit und ausgeglichenes Kleinklima gekennzeichnet. Je nach Art des Ausgangssubstrates (silikat- oder karbonatreiche Festgesteine) stockt dieser Lebensraumtyp auf skelettreichen basischen bis sauren Böden, selten auch auf Lehmböden bzw. kolluvialen und alluvialen Sedimenten. Der Boden weist i.d.R. eine gewisse Instabilität auf. Die Bodentypen sind mit Rendzinen, Griserden, Braunerde-Rankern, Regosolen, Kalkbraunerden und selten auch vergleyten Böden sehr vielseitig. Die Humusform ist, falls vorhanden, Mull. Nach der Forstlichen Standorterkundung werden die einzelnen Waldgesellschaften folgenden Standortgruppen zugeordnet:
Fraxino-Aceretum pseudoplatani: Klimastufe Ut, Um, Uf sowie Mf mit SR1- und SK1-Standorten.
Aceri platanoidis-Tilietum cordatae: Klimastufe Ut, Um, Uf und Mf mit SR2-, SR3-; SK2- und SK3- Standorten.
Vorkommen
Natürliche, sehr empfindliche Lebensräume, die wegen ihrer Steillage sehr selten forstlich genutzt werden. Früher wurden sie eventuell als Niederwald genutzt. Es sind Schutzwälder von großer ökologischer Bedeutung auf erosionsgefährdeten Standorten und zugleich geschützte Biotope nach § 30 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 22 Abs. 1 NatSchG LSA. Die Bestände liegen fast alle in Naturschutzgebieten. Eine Holznutzung sollte der besonderen Schutz- und der Erholungsfunktion (z.B. Verkehrssicherungspflicht) gerecht werden.
Pflege/Schutz
Es besteht ein Verschlechterungsverbot für diesen Lebensraumtypen. Der im Artikel 1 der FFH-Richtlinie definierte Begriff "Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraumes" umfasst alle Faktoren, die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, Struktur und Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten auswirken können.
Ausgewählte lebensraumtypkennzeichnende (wertgebende) Arten
Gefäßpflanzen:
- Bunter Eisenhut (Aconitum variegatum)
- Gelber Eisenhut (Aconitum lycoctonum)
- Christophskraut (Actaea spicata)
- Hirschzunge (Asplenium scolopendrium)
- Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes)
- Mittlerer Lerchensporn (Corydalis intermedia)
- Großblütiger Fingerhut (Digitalis grandiflora), selten
- Braunrote Ständelwurz (Epipactis atrorubens)
- Ausdauerndes Silberblatt (Lunaria rediviva)
- Dorniger Schildfarn (Polystichum aculeatum)
- Kalk-Blaugras (Sesleria albicans)
- Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria)
- Wunder-Veilchen (Viola mirabilis)
Literatur/Links
Link zur Literaturliste: (PDF, nicht barrierefrei)
56, 80, 88, 89, 98, 128, 132a, 147a, 148, 149, 179, 180, 182, 185, 207, 209, 233, 244, 265, 267, 272, 287, 289, 289a, 299, 323
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2002): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 368 S.