Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)
Beschreibung
Das Flussneunauge gehört wie das Meer- und Bachneunauge ebenfalls zur Familie der Petromyzonidae (Neunaugen). Es wird maximal 50 cm lang, wobei die Männchen kleiner sind als die Weibchen (STEINBACH 1984). Seine Rückenflossen sind nur knapp voneinander getrennt und es besitzt eine Mundscheibe mit nur einer inneren Reihe von Randzähnen (MUUS & DAHLSTRÖM 1993).
Biologie und Ökologie
Die Flussneunaugen sind Wanderer und ernähren sich besonders im Meer vom Blut und Fleisch der Fische (Heringe, Dorsche), die sie an- und ausfressen (MÜLLER 1983, STERBA 1959). Wenngleich das Areal von Fluss- und Bachneunauge in großen Bereichen überlappt (HOLCIK 1986), werden beide Arten nicht syntop angetroffen. Im Herbst wandern die Tiere in weit aufwärtsgelegene Flussregionen hinauf und laichen dort zwischen April und Mai. Sie treffen sich in Scharen zum Paaren an sandig – kiesigen Stellen der Flüsse und Bäche, wobei die Männchen zeitiger eintreffen als die Weibchen (HOLCIK 1986). Nach der Paarung legt das Weibchen bis zu 40.000 Eier an flachen Kiesbänken ab. Während der Laichzeit wird die Nahrungsaufnahme vollständig eingestellt. Die Elterntiere gehen nach dem Ablaichen zugrunde (MÜLLER 1983, MUUS & DAHLSTRÖM 1993). Die aus den Eiern schlüpfenden wurmartigen Larven (Querder) sind blind und zahnlos. Sie leben 3 – 5 Jahre im Sediment der Laichgewässer, bis sie sich bei einer Größe von 9 – 15 cm umwandeln und ins Meer abwandern. Dort verbleiben sie bis zum Beginn ihrer Laichwanderung.
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet des Flussneunauges erstreckt sich von den europäischen Küstengewässern und Flüssen des Nord- und Ostseegebietes bis nach Italien und Dalmatien (STEINBACH 1984). Im Osten kommt es bis zum Oberlauf der Wolga vor (LELEK 1987). Im Süden Deutschlands fehlt die Art, im Norden kommt sie entlang der Nord- und Ostseeküste in den wichtigsten Flusssystemen der Elbe, Oder, Weser, Ems und des Rheins vor (HOLCIK 1986).
Bestandssituation in Sachsen-Anhalt
Das Flussneunauge kam in der Mittelelbe bis etwa 1920 und im Bereich der Havelmündung bis in die 1950er Jahre relativ häufig vor. Die Art erlangte als wichtiger Wirtschaftsfisch große Bedeutung für die Berufsfischerei. Durch die niedrigen Wasserstände, den Stromausbau und die Abwassereinleitung nahmen nach BAUCH (1958) die Bestände in der Mittelelbe bis zum zweiten Weltkrieg stark ab. Aus neuerer Zeit liegen nur sehr wenige Nachweise vor, die aus der Elbe (Elbetal) bei Magdeburg stammen. Frühere Nachweise zwischen 1920 und 1960 stammen aus der Schwarzen Elster und deren Nebenbächen, der Havel und dem Tanger. Insgesamt ist das Flussneunauge gegenwärtig ein Irrgast, da es vermutlich die Einstiege zu den Aufstiegsanlagen am Wehr Geesthacht nicht findet und somit nur vereinzelt in die Mittelelbe gelangt.
Gefährdung und Schutz
Für das Flussneunauge wie auch für das Meerneunauge sind die größten Gefährdungsursachen in der Verschmutzung und den Querverbauungen (Streichlinienregulierungen) der Flüsse zu sehen. Auch das Fehlen von potenziellen Laichplätzen entweder durch das Entfernen oder durch das Verschlammen von Kiesbänken und Sandern führte zu erheblichen Bestandseinbrüchen in den Populationen. Gerade die 3 – 5 jährigen Querder sind durch schlechte Wasserqualität sowie Räumungs- und Unterhaltungsarbeiten gefährdet. Zum Schutz dieser Art müssen unbedingt alle Kiesbänke und Sander der Elbe und ihrer Nebenflüsse als potenzielle Laichplätze geschützt werden.
Rote Liste Deutschland: 2 – Stark gefährdet
Rote Liste Sachsen-Anhalt: 1 – Vom Aussterben bedroht
Literatur/Links
Link zur Literaturliste (als PDF, nicht barrierefrei)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2001): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 152 S.