Rogers Kapuzenmoos (Orthotrichum rogeri)
Beschreibung
Rogers Kapuzenmoos ist ein 5 – 15 mm kleines, unscheinbares Laubmoos, welches im Gelände nur schwer unterscheidbar ist. Die Art wächst ausschließlich epiphytisch (ECKSTEIN 2011, ECKSTEIN et al. 2014, LÜTH 2010) auf der Borke von Laub-, seltener auch Nadelbäumen oder kalkfreiem Fels. Charakteristisch sind nach ECKSTEIN et al. (2014) die 2 – 2,6 mm langen, leicht gekräuselten und etwas fettglänzenden (ECKSTEIN 2011) Blätter mit deutlich abgerundeter Spitze. Die länglich-ovalen Sporenkapseln sind meist zwischen den Blättern verborgen und besitzen anfangs eine glockenförmige, haarlose, glänzende Haube – ähnlich einer Kapuze. In den Kapseln befinden sich die ebenfalls charakteristischen 20 – 28 µm großen, grünen Sporen. (ECKSTEIN et al. 2014)
Biologie, Standorte und Soziologie
Die Art ist mehrjährig und bildet große Sporen. Das Rogers Kapuzenmoos erscheint konkurrenzschwach und wird daher oft von konkurrenzstärkeren Gräsern zurückgedrängt. Es besiedelt vor allem die Borke freistehender, lebender Laubbäume in kleinen Baumgruppen oder an Waldrändern (ECKSTEIN et al. 2014) und bildet dort dichte- kleine bis mittelgroße Polster. Beliebte Laubbaumarten sind vor allem Weiden, Pappeln, Eichen und Ahorn, aber auch Eschen, Ebereschen, Linden, Buchen, Holunder und Obstbaumarten wie Apfel und Felsen-Kirsche. Der Verbreitungsschwerpunkt des Rogers Kapuzenmooses ist in montanen, niederschlagsreichen Lagen auszumachen (ECKSTEIN 2011). Die Standorte sind oft vor starkem Wind geschützt. So werden stark windexponierte Standorte wie Bergkuppen und gewässerbegleitende Gehölze weitgehend gemieden (ECKSTEIN et al. 2014). Die Art ist lichtliebend und bevorzugt sonnige Standorte. Das Rogers Kapuzenmoos kann als Indikator für die Luftgüte bestimmter Standorte herangezogen werden. Es bevorzugt Gebiete mit sauberer Luft und hohen Jahresniederschlägen (ECKSTEIN et al. 2014). Nach LÜTH (2010) ist auch eine starke nächtliche Abkühlung für das Vorkommen der Art ausschlaggebend.
Verbreitung
Die Art ist weltweit selten. Nach LÜTH (2010) ist Orthotrichum rogeri ein europäischer Endemit und kommt in ganz Europa vor. Im gesamten Verbreitungsgebiet ist die Art selten bis sehr selten und weist zum Teil große Verbreitungslücken auf (ECKSTEIN et al. 2014, LÜTH 2010). In Deutschland ist die Art aktuell aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bekannt (MEINUNGER, SCHRÖDER & DÜRHAMMER 2007, ECKSTEIN et al. 2014). Die meisten Populationen sind mit 1 – 2 Polstern jedoch sehr klein. Grundsätzlich sind fast alle einheimischen Gehölze als Unterlage geeignet (ECKSTEIN et al. 2014). Die Bestände sind überall in die Kategorien „Vom Aussterben bedroht” bzw. „Stark gefährdet” eingestuft.
Bestandssituation in Sachsen-Anhalt
Aus Sachsen-Anhalt liegen keine historischen oder alten Nachweise des Rogers Kapuzenmooses vor (KRUMBIEGEL et al. 2012). Wahrscheinlich galt die Art aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber Luftverschmutzungen schon im 19. Jahrhundert als ausgestorben (ECKSTEIN 2011). Im Jahr 2007 erfolgte der Erstnachweis für Sachsen-Anhalt durch M. Koperski im Nationalpark Harz im ehemaligen Grenzgebiet westlich von Schierke (KOPERSKI 2011, ECKSTEIN 2011, KRUMBIEGEL et al. 2012). Im Jahr 2011 berichtet ECKSTEIN von einem zweiten Fundort im FFH-Gebiet 137 „Schmoner Busch, Spielberger Höhe und Elsloch südlich Querfurt“ (ECKSTEIN 2011). Das Moospolster war etwa 1,5 cm² groß und bestand aus mehreren Dutzend Einzelpflanzen. Es enthielt zwei alte und einige unreife Sporophyten. Im Rahmen des FFH-Monitorings wurden die Bekannten Fundorte untersucht, sowie potenzielle Standorte nach Vorkommen dieser Art abgesucht (KRUMBIEGEL et al. 2012). Dabei wurden drei Neu-Nachweise dieser Art Nahe Benneckenstein aufgenommen. Aufgrunddessen sowie zahlreicher Neunachweise in Sachsen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Sachsen-Anhalt an weiteren Stellen mit Orthotrichum rogeri gerechnet werden (KRUMBIEGEL et al. 2012).
Gefährdung und Schutz
Das Rogers Kapuzenmoos reagiert sehr empfindlich auf Luftverschmutzungen. Deshalb ist vor allem die Verunreinigung der Luft durch Landwirtschaft, Industrie und Verkehr die Hauptgefährdungsursache für diese Moosart (ECKSTEIN et al. 2014). Ein weiterer, erheblicher Gefährdungsfaktor ist die intensive Landnutzung, die durch Verwendung von Düngern und Gülle zur Luftverunreinigung führt und wertvolle Gehölzstrukturen wie Baumreihen und Feldgehölze – die Lebensräume für das Rogers Kapuzenmoos darstellen – verschwinden lässt (ECKSTEIN et al. 2014).
Zum Schutz der Art sollten vor allem vielfältige Gehölzstrukturen wie Einzelbäume, Baumgruppen und Feldgehölze in der Landschaft erhalten bleiben und gefördert werden (ECKSTEIN et al. 2014). Dem zu folge ist auch der Schutz der Wuchsorte vor Zerstörung, z.B. durch forstliche Maßnahmen zu gewährleisten. Nach ECKSTEIN et al. (2014) sollte die Erhaltung und Schaffung lichter Gehölzstrukturen wo immer möglich in den Schutzzielen und Managementplänen der Naturschutz- und FFH-Gebiete verankert werden. Des Weiteren sind verstärkte Anstrengungen zur Senkung der Emissionen aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr notwendig, um die Luftverschmutzung zu verringern (ECKSTEIN et al. 2014).
Rote Liste Deutschland: 2 – Stark gefährdet (Stand 1996)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: -
Literatur/Links
Quellen:
ECKSTEIN, J. (2011): Orthotrichum rogeri BRID. (Bryophyta) neu in Sachsen-Anhalt. - Mitt. florist. Kart. Sachsen-Anhalt (Halle 2011) 16: 23-25.
ECKSTEIN, J., DREHWALD, U., TEUBER, D. & OPITZ, A. (2014): Die Laubmoose Orthotrichum rogeri Brid. und Buxbaumia viridis (Lam. ex DC.) Moug. & Nestl. In Hessen 2013. - Hessische Floristische Briefe 62: 17–24.
Koperski, M. (2011): Die Moose des Nationalparks Harz. Eine kommentierte Artenliste. Schriftenreihe aus dem Nationalpark Harz, Band 8. 250 Seiten.
KRUMBIEGEL, A., FRANK, D., ECKSTEIN, J., HEIN, C., KOMMRAUS, F. & MEYSEL, F. (2012): Das Monitoring der Pflanzenarten der Anhänge II und IV der FFH-Richtlinie in Sachsen-Anhalt. - Mitt. florist. Kart. Sachsen-Anhalt (Halle 2012) 17: 3-24.
LÜTH, M. (2010): Ökologie und Vergesellschaftung von Orthotrichum rogeri. - Herzogia 23: 121-149.
MEINUNGER, L. & SCHRÖDER, W. (2007): Verbreitungsatlas der Moose Deutschlands (Bd. 2). Herausgegeben von O. Dürhammer für die Regensburgische Botanische Gesellschaft, Bd. 2 u. 3., Regensburg.