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Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. und des Bidention p.p. - LRT 3270

Beschreibung

Der LRT umfasst langsam fließende Tieflandgewässer mit geringem Gefälle und i.d.R. mit ausgeprägter Mäanderbildung. Kennzeichnend ist das Vorkommen von einjähriger Vegetation (Pioniervegetation) auf zeitweise trockenfallenden schlammigen Ufern an Flüssen (Bidention p.p., Chenopodion rubri p.p.). Im Frühjahr und Frühsommer sind die Schlamm- und Sandufer meist noch überspült. Die Entwicklung der typischen Pflanzengesellschaften erfolgt nach dem allmählichen Absinken der Wasserstände spät im Jahresverlauf. Meist sind die kennzeichnenden Pflanzenbestände erst ab dem Hochsommer bis in den Herbst hinein entwickelt. In manchen Jahren mit langzeitig hohen Wasserständen im Sommerhalbjahr oder nach Sommerhochwässern zeigt die Vegetation eine schwache Entwicklung oder kann sogar gänzlich fehlen. Oft ist eine Verzahnung der Zweizahn- und Gänsefußfluren mit Nanocyperion-Gesellschaften zu beobachten.

Standort

Die Standorte der Gesellschaften von Bidention und Chenopodion sind Pionierstandorte an Flussufern, welche durch Substratumlagerungen oder Wasserstandsveränderungen entstehen. Sie sind innerhalb der Vegetationsperiode überwiegend langfristig überstaut. Durch Substratumlagerung bei Hochwasser entstehen vor allem sandige und kiesige Pionierstandorte, die allerdings auch von Schlickdecken überzogen sein können oder nach Festlegung des Substrates durch die Vegetation bei nachfolgenden Hochwässern von Schlick überdeckt werden. Schlammige Pionierstandorte entstehen vor allem durch Überstauungszeiten während der Vegetationsperiode, die so lange andauern, dass die mehrjährigen Pflanzenarten der Flussufer absterben, sowie durch Sedimentation von Feinsubstrat in Ruhigwasserzonen.

In natürlichen Gewässern bilden sich Sand- und Schlammbänke vor allem in den Innenbögen der Flussschlingen, den sogenannten Gleitufern. Das akkumulierte Material stammt dabei aus der Erosion oberstrom liegender Gewässerabschnitte, oft von den steil abfallenden Prallufern. Durch das Wechselspiel von Erosion und Akkumulation verändern natürliche Fließgewässer ihr Bett regelmäßig. Eines der wesentlichen Charakteristika von Flussuferstandorten ist somit ihre Morphodynamik. Wechselnde Wasserstände bewirken jedoch nicht nur die Dynamik der Flussufer, sie bedingen auch die typische Vegetationsgliederung der Aue. In Niedrigwasserperioden werden auch tiefliegende Uferbereiche von ausdauernden Pflanzengesellschaften besiedelt. Folgt auf eine Niedrigwasserperiode allerdings ein langandauerndes Frühjahrs- oder Sommerhochwasser, so sterben die Ufergesellschaften auf tief gelegenen Bereichen ab und diese stehen wieder für eine Besiedlung durch die einjährigen "Pioniere" zur Verfügung. Die Mehrzahl der einjährigen Arten ist in der Lage, eine Samenbank zu bilden, aus der sie sich auch nach mehreren Jahren bis Jahrzehnten regenerieren können.

Durch Buhnenbau entstehen strömungsfreie Zonen, in denen sich durch die abnehmende Fließgeschwindigkeit feines Substrat absetzt. Das Substrat ist stickstoff- und basenreich. Die Standorte sind zum Zeitpunkt der Besiedlung durch die Arten der annuellen Ufervegetation voll besonnt und frei von Konkurrenzvegetation. Sie stellen Ersatzstandorte für natürliche Gleitufer der Flüsse dar. Bestände des Bidention sind überwiegend auf Schlammablagerungen, die durch Überflutung bei Mittel- bis Hochwasser entstehen, im Uferbereich meist großer Flüsse zu finden. Es handelt sich dabei um amphibische bis semiterrestrische, meist stickstoff- und nährstoffreiche Standorte, die von Feinsedimenten gebildet werden. Das Chenopodion besiedelt überwiegend sandig-kiesiges bis grusiges Flussufersubstrat auf besonders tief gelegenen Standorten und kann auch auf Schlamm vorkommen. Es enthält die am tiefsten gelegenen Flussufergesellschaften, die bereits bei leichtem Hochwasser überflutet werden.

Vorkommen

Flüsse mit dynamischem Hochwassergeschehen sind natürliche Biotope, die ohne den menschlichen Kultureinfluss existieren. Schlammbänke entstehen unabhängig von anthropogenen Einwirkungen durch Substratumlagerung bei Hochwasser an Gleitufern und als Inseln. Ihre Vegetation besteht aus konkurrenzschwachen Pioniergesellschaften an den tiefstgelegenen Uferbereichen unverbauter und gering verbauter, sedimenttransportierender Flüsse.

In Sachsen-Anhalt ist vor allem die Elbe ein Beispiel für einen in Mitteleuropa relativ gering verbauten Tieflandfluss mit jährlichen Hochwassergängen und der Entstehung saumartiger Pionierstandorte durch Substratumlagerung. Aus Gründen der Erleichterung der Schifffahrt sowie zur Verhinderung spontaner Laufveränderungen ist aber auch die Elbe, wie fast alle Flüsse Mitteleuropas, anthropogen deutlich überprägt worden. Durch Eindeichung, Begradigung und Sohlvertiefung, Buhnenbau und sonstige Uferbefestigungen sind die morphodynamischen Prozesse an Fließgewässern stark eingeschränkt worden.

Pflege/Schutz

In der Regel bedürfen natürliche Fließgewässerabschnitte mit dynamischem Hochwassergeschehen keiner Pflege. Aktuelle Gefährdungen des Lebensraums gehen überwiegend vom Uferverbau und von der Einschränkung der Wasserstandsdynamik aus. Stauhaltung führt zur drastischen Verschlechterung oder zur Vernichtung des Lebensraums und ist daher zu verhindern.

Weitere Gefährdungen entstehen durch Fließgewässerbegradigung, Befestigung der Ufer u.a. durch Steinschüttungen, Maßnahmen der Gewässerunterhaltung, Sohlvertiefung für die Schifffahrt, Schadstoffeintrag sowie intensive Freizeitnutzung. Managementmaßnahmen müssen sich auf das Abwenden gewässerspezifischer Gefährdungsursachen sowie die Renaturierung anthropogen veränderter Gewässer richten. Bei anthropogen beeinträchtigten Fließgewässerabschnitten sollten zunächst der Rückbau von Uferbefestigungen, die Wiederherstellung von Retentionsräumen u.a. durch Deichrückverlegung sowie die Wiederanbindung eventuell vorhandener Nebenläufe angestrebt werden. Weitere Maßnahmen zur Wiederherstellung der Morphodynamik kanalartig gestreckter Gewässer kann die Initialisierung der Seitenerosion durch Einbringung von Störsteinen oder Totbäumen sein.


Gewässerunterhaltung

Für die Gewässerunterhaltung gelten die beim LRT 3260 getroffenen Aussagen.

Ausgewählte lebensraumtypkennzeichnende (wertgebende) Arten

Gefäßpflanzen:

  • Spieß-Melde (Atriplex prostrata)
  • Verwachsenblättriger Zweizahn (Bidens connata)
  • Strahlender Zweizahn (Bidens radiata)
  • Dreiteiliger Zweizahn (Bidens tripartita)
  • Quellgras (Catabrosa aquatica)
  • Graugrüner Gänsefuß (Chenopodium glaucum)
  • Feigenblättriger Gänsefuß (Chenopodium ficifolium)
  • Vielsamiger Gänsefuß (Chenopodium polyspermum)
  • Roter Gänsefuß (Chenopodium rubrum)
  • Hirschsprung (Corrigiola litoralis)
  • Braunes Zyperngras (Cyperus fuscus)
  • Elbe-Liebesgras (Eragrostis albensis)
  • Acker-Schöterich (Erysimum cheiranthoides)
  • Queckenreis (Leersia oryzoides)
  • Wasserfenchel (Oenanthe aquatica)
  • Donau-Knöterich (Persicaria brittingeri)
  • Milder Knöterich (Persicaria dubia)
  • Wasserpfeffer (Persicaria hydropiper)
  • Donau-Knöterich (Persicaria lapathifolia)
  • Kleiner Knöterich (Persicaria minor)
  • Kleiner Wegerich (Plantago major ssp. intermedia)
  • Gift-Hahnenfuß (Ranunculus sceleratus)
  • Gemeine Sumpfkresse (Rorippa palustris)
  • Strand-Ampfer (Rumex maritimus)
  • Sumpf-Ampfer (Rumex palustris)
  • Igelsamige Schuppenmiere (Spergularia echinosperma)

Literatur/Links

Link  zur Literaturliste: (PDF, nicht barrierefrei)

80, 89, 151, 242, 246, 247, 248, 274, 275, 287, 299, 326, 332, 340, 341, 345

entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2002): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 368 S.