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Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae) - LRT 6410

Beschreibung

Planare bis montane Pfeifengraswiesen kommen auf basen- bis kalkreichen sowie sauren, feuchten bzw. wechselfeuchten nährstoffarmen Standorten vor. Sie sind in Sachsen-Anhalt wohl überwiegend nicht durch Streumahdm, sondern durch extensive Heu- oder Futtermahd oder Mahd-Weide-Wechselnutzung entstanden. Die Pfeifengraswiesen entwickeln sich aufgrund ihrer Nährstoffarmut im Gegensatz zu den gedüngten Feuchtwiesen erst spät im Jahr. Es kommt zur Ausbildung eines ausgeprägten Frühjahrsaspektes ohne Dominanz des Gewöhnlichen Pfeifengrases (Molinia caerulea). Oft sind Busch-Windröschen (Anemone nemorosa) oder Hohe Schlüsselblume (Primula elatior), also eigentliche Waldpflanzen, die Nutznießer dieser Frühlingsruhe. Erst nachdem der Heuschnitt auf den Futterwiesen längst vorbei ist, beginnen die Halme vom Gewöhnlichen Pfeifengras (Molinia caerulea) zu schossen und einzelne der Begleitpflanzen zu blühen. Der eigentliche Blühaspekt der Kräuter (auffällig insbesondere auf basischen Standorten) ist im Spätsommer.

Standort

Pfeifengraswiesen kommen auf nährstoffarmen Böden feuchter oder wechselfeuchter Standorte vor. Das Molinietum caeruleae bevorzugt feuchte bis wechselfeuchte, neutrale bis kalkreiche, mäßig entwässerte, oligo- bis mesotrophe Niedermoorstandorte, das Junco acutiflori-Molinietum caeruleae nährstoffarme, saure, mäßig entwässerte Gley-, Anmoor- und Moorböden.

Vorkommen

Die Pfeifengraswiesen sind Kulturbiotope. Ihre Existenz hängt von der regelmäßigen Mahd der Flächen ab. Das Junco-Molinietum ist als Ersatzgesellschaft von Birkenbruch und feuchtem Birken-Eichenwald anzusehen. Pfeifengraswiesen wurden in der Vergangenheit in Gebieten mit ausgeprägter Weidewirtschaft im Frühherbst, wenn die Halme des Pfeifengrases bereits strohig sind, für Einstreuzwecke gemäht (Streuwiesen). Da es in der modernen Tierhaltung praktisch keinen Bedarf mehr an Einstreu gibt, besteht kein Interesse an einer landwirtschaftlichen Nutzung des LRT. In Sachsen-Anhalt finden sich deshalb nur noch wenige Restflächen, deren Pflege in der Regel durch den Naturschutz initiiert wird. Der Wiesenschnitt verhindert die Herausbildung einer Streudecke aus abgestorbenem Pflanzenmaterial, die Entwicklung von wenig regenerationskräftigen Hochstauden sowie von Gehölzen, so dass einerseits kurzlebige, sich über Samen vermehrende Arten gute Keimungsbedingungen vorfinden, andererseits schwachwüchsige Arten und Rosettenstauden im Folgejahr ungehindert austreiben können.

Pflege/Schutz

Ist die Pfeifengraswiese aus Streunutzung hervorgegangen, empfiehlt sich eine Fortführung der spätschnittigen Nutzung ab Mitte September. Ansonsten ist auch eine Mahdnutzung im Sommer möglich, wann anschließend eine möglichst lange Nutzungspause bis zur Zweitnutzung eingeplant wird oder keine weitere Nutzung mehr im selben Jahr erfolgt. Um das Aufkommen von Gehölzen zu verhindern, muss ein Nährstoffeintrag unterbunden werden und eine mechanische Pflege der Flächen erfolgen. Bei über längere Zeit brachgefallenen Flächen ist eine Grundpflege (u.a. Entbuschen, mehrmalige konsequente Mahd zur Zurückdrängung des Gehölzaufwuchses) erforderlich. Danach reicht zur Erhaltung eine alljährlich oder mindestens alle zwei Jahre durchgeführte Mahd. Der Schnitt soll erst Ende September erfolgen und das Mahdgut ist von der Wiese zu entfernen. Erfolgt keine Mahd oder wird das Mahdgut auf der Fläche belassen, verschwinden die meisten der charakteristischen Pflanzenarten, während sich Großes Mädesüß (Filipendula ulmaria) und andere hohe Kräuter ausbreiten oder Gräser und Seggen mächtige Lagen von totem Blattwerk bilden. Nur auf extrem nährstoffarmen und trockeneren Böden (Übergänge zu den Borstgrasrasen oder Kalk-Halbtrockenrasen) kann gelegentliches Mulchen toleriert werden. Durch das Abbrennen der Bestände während der Wintermonate lässt sich die Mahd bis zu einem gewissen Maße ersetzen, da das weitgehend brandfeste Pfeifengras die Dominanz behauptet. Das gilt insbesondere für das Junco-Molinietum, auf dessen Standorten der Grad der Auswaschung der Nährstoffe größer ist. Auf extrem nährstoffarmen, wechselfeuchten Standorten kann das Junco-Molinietum längere Zeit auch ohne Mahd überdauern. Es kommt zur Dominanz des Pfeifengrases, welches mächtige Bulte ausbilden kann. Das Aufkommen von Gehölzen und Hochstauden wird aufgrund periodischer Überstauung, Wildverbiss und gegebenenfalls durch gelegentliche Brände unterdrückt. Da die Pfeifengraswiesen äußerst sensibel auf Nährstoffeintrag und Entwässerung reagieren, sind Düngung und Entwässerung in jedem Falle auszuschließen. Das Befahren mit serienmäßig bereiftem, schwerem Gerät kann eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen!

Ausgewählte lebensraumtypkennzeichnende (wertgebende) Arten

Gefäßpflanzen:

  • Blaugrüne Segge (Carex flacca)
  • Hirse-Segge (Carex panicea)
  • Knollen-Kratzdistel (Cirsium tuberosum)
  • Steifblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata)
  • Pracht-Nelke (Dianthus superbus)
  • Sumpf-Sitter (Epipactis palustris)
  • Spitzblütige Binse (Juncus acutiflorus)
  • Gewöhnliches Pfeifengras (Molinia caerulea)
  • Blutwurz (Potentilla erecta)
  • Kümmel-Silge (Selinum carvifolia)
  • Teufelsabbiß (Succisa pratensis)

Literatur/Links

Link zur Literaturliste: (PDF, nicht barrierefrei)

89, 287, 299, 330, 333

entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2002): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 368 S.