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Ausflugsziele Wittenberg

FFH-Gebiet "Woltersdorfer Heide nördlich Wittenberg-Lutherstadt"

Ein Schäfer ...

... auf einem Stock abgestützt. Sein Blick schweift über eine halboffene Landschaft, in der seine gemächlich ziehende Schafherde in einem violetten Meer aus Heidekraut unbeschwert weidet. Dieses auch aus alten Heimatfilmen stammende Bild haben sicherlich einige bei der Vorstellung einer typischen Heidelandschaft vor Augen.

Doch wo ist solch ein Offenlandlebensraum heutzutage noch präsent? Zum Beispiel im FFH-Gebiet „Woltersdorfer Heide nördlich Wittenberg-Lutherstadt“.

Mit ca. 200 Hektar ist das Gebiet eher eine kleinflächige Heidelandschaft, dennoch als Lebensraum (Habitat) schutzbedürftiger Flora und Fauna sowie als Trittstein-Biotop im zusammenhängenden Netz Natura 2000 von wesentlicher Bedeutung. Denn die Kulturbiotope der „Trockenen europäischen Heiden“ sind selten geworden. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts führten intensive Abholzungen der Wälder zu einer Vergrößerung der Heideflächen. Eine anschließende Nutzung für die Streu- bzw. Düngergewinnung in Form von Plaggen (Bodenabtrag) oder als Schafweide und kontrollierte Brände, verhinderten eine Wiederbewaldung der Besenheide-Bestände (Calluna vulgaris). Aufforstung und die Aufgabe kulturhistorischer Wirtschaftsweisen ließen die Trockenen Heiden sukzessiv aus dem mitteleuropäischen Landschaftsbild verschwinden. Es grenzt an Ironie - bot doch der robuste, der Natur gegenüber rücksichtslose, militärische Übungsbetrieb in der Woltersdorfer Heide annährend jene Bedingungen, welche Calluna-Heiden benötigen. Dank landschaftspflegerischem Engagement findet man auch nach Stilllegung des Panzer-Übungsplatzes vor den Toren der Lutherstadt Wittenberg ein Kleinod, welches vor allem im Spätsommer, in der Blütezeit der Besenheide, zu einem Spaziergang einlädt.

Der mosaikartige Wald-Offenland-Komplex beherbergt eine farbenfrohe, schützenswerte Flora, zu deren typischen Vertretern die Sandstrohblume (Helichrysum arenarium) oder der Behaarte Ginster (Genista pilosa) zählen. Die Blütenpracht der Besenheide ist nicht nur eine Augenweide, sondern für einige Tierarten eine unabdingbare Nahrungsquelle. So ernähren sich die Heidekraut-Sandbiene (Andrena fuscipes) und Heidekraut-Seidenbiene (Colletes succinctus) ausschließlich von Heidekrautgewächsen. Weitere hervorzuhebende, faunistische Besonderheiten der Woltersdorfer Heide sind Vorkommen von Wechselkröte (Bufo viridis) und Kreuzkröte (Bufo calamita). Diese Amphibien bevorzugen trockene, besonnte Standorte lockerer, sandiger Böden, wie sie auf der saalekaltzeitlich entstandenen Hochfläche vorzufinden sind. Im Frühjahr sind das nächtliche Trillern der Wechselkröte oder das metallisch klingende Rätschen der Kreuzkröte weit hörbar. Tagsüber und außerhalb der Paarungszeit setzen sich die streng geschützten Lurche weniger in Szene und man wird sie am ehesten als Larve (Kaulquappe) in einem der wenigen Tümpel im Gebiet antreffen. Häufiger dagegen wird man an warmen, sonnigen Tagen eine der hier zahlreich vorhandenen Zauneidechsen (Lacerta agilis) vorbei huschen sehen. Im Gegensatz zu dem agilen, Sonne tankenden Reptil sind die heimischen Fledermäuse ausschließlich nacht- bzw. dämmerungsaktiv. Bei ihren Streifzügen nutzen Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus), Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) und Braunes Langohr (Plecotus auritus) die offenen Bereiche als Jagdhabitat. Baumhöhlen oder Spalten hinter sich lösender Borke können ihnen als Sommer- bzw. Winterquartier dienen. Solche Lebensstätten befinden sich vereinzelt im Lebensraumtyp der „Eichenwälder auf Sandebenen“, welcher einen Teil der bewaldeten Bereiche im Schutzgebiet darstellt. Bei ungestörter Sukzession würde sich diese natürliche und schutzbedürftige Waldform auf den Standorten der Trockenen Heiden etablieren.

Der kleine Einblick in die struktur- und funktionsreichen Heidelandschaften der Woltersdorfer Heide zeigt sowohl deren Einzigartigkeit als auch Schutzwürdigkeit und unterstreicht die Verantwortung zum Erhalt dieses vielfältigen Wald-Offenland-Komplexes.

Link zum Schutzgebietssteckbrief

FFH-Gebiet "Buchenwaldgebiet und Hammerbachtal in der Dübener Heide"

Wald ist nicht gleich Wald.

Schon auf den ersten Blick wird dies deutlich. In Reih und Glied gepflanzte Forstmonokulturen erinnern eher an Maisäcker, als dass sie dem romantischen und urwüchsigem Bild eines Waldes entsprächen. Natürliche oder naturnahe Wälder sind zumeist durch eine hohe Arten- und Strukturvielfalt gekennzeichnet und vermitteln eher das Bild vom Wald als „Hallraum der Seele“, wie der Dichter Joseph von Eichendorff ihn sah. Wären menschliche Eingriffe vergangener Epochen in die Waldentwicklung unterblieben, hätte dies zu einer nahezu flächendeckenden Bewaldung Deutschlands geführt, wobei sich auf den verschiedenen Standorten eine jeweils typische Waldformation etabliert hätte. Im Bereich der Endmoräne (eiszeitliche Materialaufschiebungen) der Dübener Heide sind dies vornehmlich Buchenwälder.

Das FFH-Gebiet „Buchenwald und Hammerbachtal in der Dübener Heide“ beherbergt solche natürlichen bzw. naturnahen Wälder und hebt sich so von den umliegenden, monotonen Nadelwaldforsten ab. Der Charakter des Schutzgebiets wird aufgrund der überwiegend bodensauren Bereiche standorttypisch vom FFH-Lebensraumtypen (LRT) „Hainsimsen-Buchenwald“ geprägt. Auf basenreicherem Untergrund ist die Ausprägung des Waldmeister-Buchenwaldes vorzufinden. Mancherorts sind die Wälder zu imposanten „Hallenbuchenwäldern“ herangewachsen. Die Bedeutung dieser Bezeichnung erfährt man am besten inmitten der riesigen Bäume, die wie Säulen das in über 30 m Höhe liegende geschlossene Kronendach tragen. Da Strauch- und Krautschicht kaum ausgebildet sind, schweift der Blick weit in diese Halle aus Stämmen und Blättern hinein.

Während die Seele manches Wanderers träumerisch durch diese Landschaft schwebt, bewegen sich andere aus viel rationaleren Gründen fast lautlos zwischen den Baumriesen umher. In der Dämmerung braucht man hier nicht viel Glück, um eine der zahlreichen, schnell vorbeihuschenden, kaum hörbar fiependen Fledermäuse auszumachen. Sie nutzen das Gebiet als Jagdhabitat oder quartieren hinter abblätternder Rinde, in Baumspalten oder in alten Bruthöhlen, wie sie z. B. Schwarz- oder Grauspecht (Dryocopus martius, Picus canus) in die Bäume hämmern. Welche Art vor einem in der Luft flattert, ist oft auch für Spezialisten nicht ohne Hilfsmittel oder Fang auszumachen. Das Wissen, dass es eine vom Aussterben bedrohte Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) oder der gefährdete Große Abendsegler (Nyctalus noctula) sein könnte, unterstreicht den naturschutzfachlichen Wert des Schutzgebiets, in dem viele weitere Fledermausarten vorkommen.  

Diese Artenvielfalt resultiert aus dem mit den Waldlebensräumen im Komplex stehenden offenen und halboffenen Lebensräumen entlang des Hammerbachtals. Filigran schlängelt sich der Hammerbach durch die sanften Hügel der Endmoräne in Richtung Mulde. Nördlich des Teichs am Eisenhammer wird sein Lauf jedoch durch Querbauwerke unterbrochen und in verschiedenen Becken aufgestaut. Der Landschaftsarchitekt dieser märchenhaften Kulisse ist in Deutschland mittlerweile kein Unbekannter mehr. Die Biber (Castor fiber) graben sich an Gewässerufern Höhlen oder legen, wie hier, an Fließgewässern Dämme und Burgen an. Die beeindruckende, wasserbauliche Schaffenskraft des zweitgrößten Nagers der Erde zieht sich ca. 500 m entlang eines Weges. Solch Ausmaße sind in Sachsen-Anhalt nicht allzu häufig. Die Wasserkaskaden oder den Baumeister selbst bei einem Spaziergang komfortabel vom Weg aus bestaunen zu können, ist noch viel seltener. Die natürliche bzw. naturnahe Beschaffenheit des Hammerbachtals bietet weiteren, gewässergebundenen Arten wie dem Fischotter einen Lebensraum. Derzeit nutzt dieser das Gebiet gelegentlich als Nahrungshabitat und Wanderkorridor.

Der Hammerbach ist dem Lebensraumtyp „Flüsse mit Wasservegetation“ zuzuordnen. Seine Ränder säumen Erlen-Eschenwälder, welche die repräsentative Vegetation dieser feuchten, zeitweilig überstauten Bereiche darstellen. Angrenzende Wiesen und Weiden ergänzen die idyllische Landschaft des FFH-Gebietes, welches mit seinen Wäldern, Feuchtgebieten und Grünländern den Charakter der Natur- und Kulturlandschaft Dübener Heide porträtiert.

Link zum Schutzgebietssteckbrief