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Mittlere Oranienbaumer Heide

Größe [ha]: 2.025
Codierung: SPA0032
Landkreise und kreisfreie Städte: Stadt Dessau-Roßlau; Wittenberg
Verwaltungseinheiten: Einheitsgemeinde Stadt Dessau-Roßlau; Einheitsgemeinde Stadt Gräfenhainichen; Einheitsgemeinde Stadt Oranienbaum-Wörlitz
 

Gebietsbeschreibung

Das EU SPA „Mittlere Oranienbaumer Heide" ist 2.025 ha groß und liegt im östlichen Sachsen-Anhalt südöstlich der Stadt Dessau. Es befindet sich östlich der Mulde in direkter Nachbarschaft zum EU SPA „Mittlere Elbe einschließlich Steckby-Lödderitzer Forst". Das ehemals militärisch genutzte Gelände wurde 2003 als Vogelschutzgebiet gemeldet. Es ist flächengleich auch FFH-Gebiet und zu etwa drei Viertel der Fläche landesrechtlich als NSG gesichert. Große Flächen befinden sich als „Nationales Naturerbe“ im Eigentum der Deutschen Bundesstiftung Umwelt Naturerbe GmbH. Die landesrechtliche Sicherung des gesamten EU SPA als NSG ist derzeit in Vorbereitung.

Naturräumlich wird die Oranienbaumer Heide zwischen dem Mittelelbegebiet und der Dübener Heide eingeordnet und zeichnet sich durch eine pleistozäne Bodenentwicklung aus. Im Norden bilden Niederterrassen der Elbe und Mulde den geologischen Untergrund, im Süden sind es saalekaltzeitliche Moränenzüge. Sandige, nährstoffarme Böden dominieren das Gebiet und bestimmen die Vegetation. Trockene europäische Heiden, Sandrasengesellschaften, aber auch Silbergrasfluren kennzeichnen die offenen Bereiche, so dass auch hinsichtlich der Fauna viele xerothermophile Offenlandarten hier Lebensraum finden.

Bis ins 18. Jahrhundert wurden die Wälder intensiv zur Gewinnung von Brenn- und Bauholz, zur Streuentnahme, zur Jagd und als Hutungen genutzt. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Wälder dann überwiegend in Kiefernforste umgewandelt. Mit Beginn der militärischen Nutzung als Truppenübungsplatz der sowjetischen Streitkräfte wurden ab 1945 zunächst kleinere, ab 1956 großflächige Abholzungen vorgenommen. Durch die jahrzehntelange militärische Nutzung einschließlich der durch Panzerschießübungen ausgelösten Brände entstanden im zentralen Teil der Heide sehr großflächige Offenlandbereiche. Der Truppenübungsplatz wurde stetig erweitert, bis Mitte der 1960er Jahre auf 2.500 ha und bis Ende der 1970er Jahre, unter anderem auch durch wiederholte Brände in den Randbereichen, auf über 4.000 ha. 1992 waren die ehemaligen sowjetischen Streitkräfte vollständig aus dem Gebiet abgezogen und hinterließen eine große, anthropogen überprägte und fast gehölzfreie Offenlandfläche mit vielen Rohbodenstellen und großflächigen Sand-Heide-Biotopen (BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE 2010). Infolge der geologischen Bedingungen sowie der vorangegangenen unterschiedlichen Nutzungsintensitäten konnte sich hier auf ca. 1.000 ha ein Mosaik aus FFH-Offenlandlebensraumtypen, Gras- und Krautfluren, kleinräumigen Feuchtbereichen, Gebüschen, Baumgruppen und Pionierwäldern entwickeln, das von zahlreichen offenen Sandwegen durchzogen wird. Seit dem Ende der militärischen Nutzung werden die vegetationsarmen Offenlandbiotope zunehmend von Besenheide, Gebüschen und Aufwuchs von Birken, Aspen und Kiefern verdrängt (SCHULZE & PSCHORN 2006). Typische Pflanzenarten der trockenen Standorte sind außerdem Besenginster und Land-Reitgras.

An die ausgedehnten Offenlandbereiche im Zentrum des ehemaligen Übungsplatzes schließen sich Kiefernforste und Kiefern-Birken-Wäldchen an. Birken-Pionierwälder sind mittlerweile ebenfalls verbreitet und auf feuchteren Standorten kommen Eichen- und Erlenbestände vor. Eine reguläre forstliche Nutzung ist infolge der Munitionsbelastung in weiten Teilen des Gebietes trotz einer teilweisen Oberflächenberäumung bis heute nicht möglich (BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE 2010), auch besteht allgemeines Betretungsverbot. Ausgenommen von dieser Regelung ist jedoch seit 2012 ein etwa 13 km langes für die Bevölkerung freigegebenes Wander- und Radwegenetz zwischen den Orten Oranienbaum, Möhlau, Sollnitz und Jüdenberg, das auf Veranlassung des Eigentümers der Naturerbefläche zwei Meter tief sondiert und von Munition beräumt wurde (KLEMM 2012).

Feuchtere Standorte gibt es im Wesentlichen nur im Südwesten des EU SPA rund um den Mühlbach, in den Niederungen der umliegenden Mochwiesen und -teiche mit Pflanzengesellschaften der Uferbereiche und Feuchtwiesen sowie mit Röhrichten und Rieden, kleinflächig auch im Nordwesten des EU SPA. Ab 2008 wurde im Rahmen eines von der DBU geförderten Modellprojektes im zentralen Offenlandbereich eine extensive Ganzjahresstandweide mit Heckrindern und Konik-Pferden auf bis zu 800 ha etabliert. Dabei steht die Erhaltung einer halboffenen Weidelandschaft nach naturschutzfachlichen Maßgaben im Vordergrund und nicht eine auf Gewinn orientierte Haltung von Weidetieren (BIOSPHÄRENRESERVAT MITTELELBE 2010).

Bedeutung als Vogelschutzgebiet

Das EU SPA „Mittlere Oranienbaumer Heide" bietet insbesondere Vogelarten des Offenlandes und strukturreicher Heidelandschaften einen Lebensraum wobei insbesondere die Bedeutung des Gebietes als eines der wichtigsten Brutgebiete des Ziegenmelkers in Sachsen- Anhalt hervorzuheben ist. Die hier infolge der ehemaligen militärischen Nutzung ausgesprochen großflächigen Offenlandbereiche unterliegen jedoch zunehmender Verbuschung.

Für das Gebiet sind keine landesweit bedeutenden Rastvogelbestände bekannt.

Brutvögel

Als typischer Bewohner halboffener Heidelandschaften ist der Ziegenmelker ein Brutvogel der Oranienbaumer Heide. SCHULZE & PSCHORN (2006) konnten einen Bestand von 62 BP nachweisen. Zwar sind die Bestandszahlen in anderen EU SPA des Landes noch höher, jedoch stellt auch die Oranienbaumer Heide eines der landesweit wichtigsten Brutgebiete für den Ziegenmelker dar. SCHULZE & PSCHORN (2006) vermuten innerhalb des EU SPA 1 BP des Rotmilans, der auch schon früher mit Brutzeitbeobachtungen verzeichnet wurde (ÖKOPLAN 1996, VOGEL 1998). Andere Greifvogelarten konnten nicht oder nur als Nahrungsgast nachgewiesen werden. Lediglich von der Rohrweihe gab es eine Brutzeitbeobachtung (SCHULZE & PSCHORN 2006). Von der Sumpfohreule lagen mehrere Brutzeitbeobachtungen vor (SCHULZE & PSCHORN 2006), jedoch gelang 2005 kein konkreter Brutnachweis oder Brutverdacht, so dass die Art nicht als Brutvogel für das EU SPA benannt werden kann.

Die Alteichen- und Erlenbestände, vor allem um den Mühlbach und den Mochteich, werden vom Mittelspecht besiedelt, während der Wendehals Bewohner der Birken-Pionierwälder und Birken-Eichenwälder ist. Auch Grauspecht und Schwarzspecht kommen im EU SPA vor (SCHULZE & PSCHORN 2006). Sträucher und Gebüsche dienen dem Neuntöter als Niststandort, der in den oenen und halboffenen Heideflächen und Landreitgrasfluren des EU SPA mit 70 BP ansässig ist (ÖKOPLAN 1996, SCHULZE & PSCHORN 2006). In den gleichen Habitaten brütet hier auch die Sperbergrasmücke (SCHULZE & PSCHORN 2006).

Zur Heidelerche wurden in der Oranienbaumer Heide langjährige Studien durchgeführt. Für das Jahr 1996 wurde ein Bestand von 92 BP ermittelt (VOGEL 1998). 2005 betrug die Bestandszahl nur noch 53 Paare, so dass von einem starken Bestandsrückgang auszugehen ist. Mit fortschreitender Sukzession verlagern sich die Vorkommen der Art innerhalb des Gebietes, sofern nicht durch großräumige Pflegemaßnahmen die Erhaltung der Offenflächen realisiert wird. Auch eine weitere Bestandsabnahme ist wahrscheinlich (SCHULZE & PSCHORN 2006). Der Brachpieper war Mitte der 1990er Jahre im Gebiet noch mit 5-15 BP vertreten, konnte von SCHULZE & PSCHORN (2006) jedoch nicht mehr als Brutvogel bestätigt werden. Geeignete Brutplätze waren im Gebiet auch kaum noch vorhanden. Weitere typische Offenlandarten innerhalb des EU SPA sind Raubwürger, Schwarzkehlchen, Braunkehlchen und Grauammer, die teilweise bemerkenswerte Bestände erreichen.

Links/Dokumente

Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei)
verändert nach: MAMMEN, K. & U.; DORNBUSCH, G.; FISCHER, S. (2013): Die Europäischen Vogelschutzgebiete des Landes Sachsen-Anhalt, Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Heft 10/2013.

Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (PDF, nicht barrierefrei)

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.

Das Natura 2000-Gebiet ist durch das Naturschutzgebiet „Oranienbaumer Heide" bereits rechtlich gesichert.