Zwergschnäpper (Ficedula parva)
Verbreitung
Der Zwergschnäpper brütet in der borealen und gemäßigten Zone der Paläarktis. Das Brutareal erstreckt sich von Südskandinavien, dem östlichen Mitteleuropa und dem Balkan bis nach Kamtschatka. Die nördliche Verbreitungsgrenze folgt weitestgehend dem Nordrand der Taiga. Die Südgrenze liegt am Nordrand der Steppenzone. Die westliche Arealgrenze führt durch Mittelschweden, Dänemark, Deutschland (Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen und Ostbayern), Österreich, Kroatien und Nordgriechenland. Die Nominatform F. p. parva besiedelt Europa, die nördliche Türkei, den Kaukasus und den Nordiran. Das Teilareal von F. p. albicilla erstreckt sich von einer Überlappungszone im Bereich des Urals aus ostwärts. Neben Russland weisen besonders Weißrussland, die Slowakei, Lettland und Rumänien hohe Brutbestände auf (BEZZEL 1993, FLADE in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1993). Entsprechend dem Verlauf der Arealgrenze konzentrieren sich die deutschen Vorkommen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Weitere Ansiedlungen befinden sich vor allem in Bayern, aber auch in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen kommt die Art vor (RHEINWALD 1993). Von den ca. 1.800 ostdeutschen BP sind 78 % in Mecklenburg-Vorpommern und 18 % in Brandenburg lokalisiert (NICOLAI 1993a). Bei der 1978-82 in Sachsen-Anhalt erfolgten Kartierung wurden nur ca. fünf singende Männchen registriert (NICOLAI 1993a), 1990-1995 ergab eine Kartierung im Südteil des Bundeslandes 30-90 besetzte Reviere (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997). Die meisten Reviernachweise gelangen im Bereich des Harzes, im Hügelland und in Buchenwäldern der östlichen Heiden. Der erste Brutnachweis in Sachsen-Anhalt wurde 1979 im Friedentaler Grund/Altkreis Wittenberg erbracht (REHN & REHN in SCHÖNFELD et al. 1997). Weitere Brutnachweise erfolgten 1991 bei Billroda/LK Burgenlandkreis, 1992 bei Stangerode/LK Mansfelder Land (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997) und 1996 in der Mosigkauer Heide (HAMPE 1997).
Ökologie und Zugstrategie
Das Bruthabitat des Zwergschnäppers setzt sich aus hohen, relativ geschlossenen, alt- und totholzreichen Laub-, Misch- und Nadelwäldern zusammen. Die Habitate zeichnen sich durch einzelne Lücken im Oberbestand, durch Freiraum zwischen der Kraut-/Strauchschicht und dem Kronenansatz sowie durch kleinere Verjüngungsflächen aus. Monotone Hallenwälder, lichte Bestände, Stangenhölzer und Dickungen werden gemieden. In Mitteleuropa ist das Bruthabitat der Art hauptsächlich an alte Buchen- und Buchenmischwälder gebunden. In den Alpen und Karpaten werden Höhen bis 1.300 m ü. NN besiedelt, in Armenien bis 2.350 m (FLADE in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1993). Als Langstreckenzieher überwintert der Zwergschnäpper in der Orientalis. Die Nominatform zieht hauptsächlich nach Indien und Pakistan. Die nord- und mitteleuropäischen Brutplätze werden ab Mitte August verlassen. Ende April/Anfang Mai zeigen sich die ersten Heimkehrer in Mitteleuropa (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1993).
Bestandsentwicklung
In Europa waren die Bestände und die Verbreitung zwischen 1970 und 1990 weitgehend stabil (FLADE in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Die Westgrenze des Areals hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts nur unbedeutend westwärts verlagert. Die Zunahme der sporadischen Brutzeit- und der noch selteneren Brutnachweise in mehreren Bundesländern, u.a. in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen, deutet auf eine langsame und dauerhafte Arealerweiterung hin (BAUER & BERTHOLD 1997, GNIELKA & ZAUMSEIL 1997). Nach WITT et al. (1996) liegen die Bestandsveränderungen in Deutschland unter 20 %. Im Jahr 1994 brüteten schätzungsweise 1.500-2.400 BP in der Bundesrepublik, zwischen 2005-2009 waren es 1.400-2.200 BP. In den besonderen Schutzgebieten nach EU-Vogelschutzrichtlinie wurden in Sachsen-Anhalt zwischen 1990 und 2000 insgesamt zwei bis 11 BP gezählt. 2015 geht man von 0-15 BP in Sachsen-Anhalt aus.
Gefährdung und Schutz
Der Zwergschnäpper ist durch den Verlust reich strukturierter, alter Laubwälder gefährdet. Diese sind zu schützen und naturnah zu entwickeln. Entsprechende Maßnahmen sind die deutliche Verlängerung der Umtriebszeiten, die Erhaltung höhlenreicher Bäume und der Schutz von Waldgewässern (BAUER & BERTHOLD 1997).
Rote Liste Deutschland: V – Vorwarnliste (6. Fassung, Stand Juni 2021)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: R – Extrem selten (3. Fassung, Stand November 2017)
Literatur/Links
Link zur Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.