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Trockene europäische Heiden - LRT 4030

Beschreibung

Der LRT beinhaltet azidophile, baumarme oder -freie Zwergstrauchheiden mit Heidekraut (Calluna vulgaris) als Hauptbestandsbildner auf mageren, sauren und trockenen Böden. Gräser und Kräuter sind zwischen den einzelnen Pflanzen des Heidekrauts eingestreut und können je nach Altersstadium und Ausbildung der Heide auch nennenswerte Anteile an der Gesamtdeckung der Vegetation einnehmen. Manche Ausbildungen der Zwergstrauchheiden sind sehr kryptogamenreich, wobei besonders Flechten der Gattung Cladonia dominieren. Für die Erfassung und Abgrenzung des LRT ist die Berücksichtigung der verschiedenen Altersphasen der Calluna-Heiden (Pionier-, Aufbau-, Reife- und Degenerations-Phase) von Bedeutung. Bestände auf Binnendünen sind als LRT 2310 (Trockene Sandheiden mit Calluna und Genista auf Dünen) zu erfassen.

Standort

Heidegesellschaften benötigen vollen Lichtgenuss. Bei Überschattung durch Gehölze werden die Zwergsträucher von anderen Arten verdrängt. Standorte, die von Heidegesellschaften besiedelt werden, sind durch nährstoffarme, saure Böden gekennzeichnet. Zum LRT 4030 zählen nur Heidebestände trockener Standorte auf mineralischen Böden. Nach mehrjährigem Vorhandensein von Heidevegetation zeigen die Böden meist deutliche Podsolierung. Die Heidevegetation selbst bewirkt nachhaltige, überwiegend irreversible Bodenveränderungen an lange von ihr besiedelten Standorten. Durch Zersetzungsprodukte der sauren Heidestreu und durch Wurzelausscheidungen des Heidekrauts werden Basen im Oberboden gelöst und in tiefere Bodenschichten verlagert. Die resultierende Entbasung und Podsolierung ist auf vergleichbaren Standorten stärker als unter Nadelwald. Wenn bei tiefen pH-Werten Eisenionen aus dem Oberboden gelöst werden, kommt es bei Ablagerung in tieferen Bodenschichten zur sogenannten Ortsteinbildung, d.h. zur Bildung einer durch Eisenoxide verfestigten, wasserstauenden Schicht und damit zur Veränderung der Wasserführung am Standort. Mäßig trockene Standorte können sich so zu wechseltrockenen oder wechselfrischen Standorten entwickeln, die neben zeitweiliger Bodendurchfeuchtung zu sehr starker Austrocknung neigen.

Vorkommen

Das natürliche Vorkommen dieses Lebensraumes konzentriert sich auf das nordwestdeutsche Moor- und Küstengebiet sowie auf Standorte oberhalb der alpinen Waldgrenze. Trockene europäische Heiden sind fast überall Kulturbiotope auf potenziell waldfähigen Standorten. Kleinräumig natürliche Vorkommen trockener Heiden beschränken sich in Sachsen-Anhalt wohl auf ???, überwiegend ???, extrem flachgründige Silikatfelsstandorte im Harz. Wesentliche Ausbreitung erfuhren die Heiden im Zuge der neolithischen Landnahme durch Waldvernichtung. Die Heideflächen vergrößerten sich bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Auflichtung und Vernichtung von Wäldern bedeutend. Ihre Entstehung durch Holzeinschlag und Übernutzung (übermäßige Beweidung und Streunutzung, seltener auch regelmäßige Plaggennutzung) ist in Sachsen-Anhalt für Teile der Altmark historisch belegt. Früher waren Heiden meist Allmendeflächen, d.h. zur gemeinsamen Nutzung der ansässigen Bevölkerung bestimmte, als Weide dienende Flächen. Traditionelle Nutzung erfolgte durch Schafweide, Holzschlag, Zeidelwirtschaft und Brand. Überliefert ist, dass die Heiden vor allem im Mittelalter als Bienenweide bedeutungsvoll waren. Damals erfolgte ihre regelmäßige Erneuerung vermutlich durch Abbrennen. Bei Brand kommt es zum Stickstoffaustrag, während Kalium, Magnesium und Phosphor auf der Fläche verbleiben. Zur Verarmung der Standorte trug außerdem der Nährstoffexport durch weidende Tiere bei. Durch Schafe und Ziegen werden ca. 70 % der aufgenommenen Pflanzennährstoffe nachts im Pferch oder Stall abgegeben. Die Verarmung der Standorte fördert indirekt das Wachstum von azidophilen Zwergsträuchern, da diese über hocheffektive Mechanismen der Nährstoffaneignung und -nutzung verfügen. Bei extensiver Weidewirtschaft wird das Heidekraut auch durch den selektiven Verbiss der weidenden Tiere gefördert, weil dieser stärker die konkurrierenden Gräser betrifft. Ein gelegentlicher Verbiss der Zwergsträucher selbst bewirkt eine physiologische Verjüngung. Überalterte Heidebestände beginnen nach scharfem Verbiss und anschließender Weideruhe wieder zu blühen und zu fruchten. Die Sukzession wurde durch Beweidung und Brand sowie in der historischen Kulturlandschaft auch durch Verwehung der Binnendünen infolge lückenhafter Vegetationsdecke durch permanente oder episodische Übernutzung verzögert oder aufgehalten. In Phasen langfristiger Nutzungsauflassung kommt es zur Überalterung und zum sukzessiven Absterben des Heidekrautes, was von Vergrasung und allmählicher Verwaldung begleitet wird. Die größten der heute noch in Sachsen-Anhalt anzutreffenden Heideflächen befinden sich auf den bis in die 1990er Jahre oder noch bis zur Gegenwart genutzten Truppenübungsplätzen. Der militärische Übungsbetrieb, verbunden mit ungeregelter Befahrung des Geländes, mit Brand und Gehölzvernichtung ermöglichte die Erhaltung oder sogar die Wiederherausbildung von Heideflächen im Bereich ehemaliger großräumiger Kiefernforste oder seltener bodensaurer Eichenwälder.

Pflege/Schutz

Heidegesellschaften sind als Ersatzgesellschaften von Wäldern langfristig nur durch Pflegemaßnahmen zu erhalten. Die Pflege sollte sich primär an der historischen Nutzung orientieren. Als optimal ist eine Hütehaltung mit Schafen anzusehen, da sie einen Export von über zwei Dritteln der aufgenommenen Nährstoffe aus den beweideten Ökosystemen gewährleistet. Die Art der Weideführung muss den Tieren selektives Fressen ermöglichen, d.h. bei Hüteschafhaltung ist ein weites Gehüt bei langer Verweilzeit der Tiere auf der Fläche zu wählen. Die eventuell nötige Anlage eines Nachtpferchs hat außerhalb von Beständen der oligotrophen Pflanzengesellschaften zu erfolgen. Die Koppelhaltung von Schafen und/oder Ziegen ist als suboptimal, aber doch besser als eine langfristige Nutzungsauflassung anzusehen. Bei der Koppelhaltung ist einerseits auf eine genügende Koppelgröße zu achten, um den Tieren selektiven Verbiss zu ermöglichen, andererseits sind die Weideperioden durch Umkoppeln oder Weidewechsel zu begrenzen, um bevorzugt verbissene Pflanzenarten nicht zu eliminieren. Durch die Beweidung sollte es mindestens in Teilbereichen zur Bodenfreilegung kommen. Damit wird einerseits eine Verjüngung des Heidekrautes ermöglicht, das zur Keimung auf vegetationsfreie Standorte angewiesen ist, andererseits werden obligate Teillebensräume vieler Insekten wie z.B. Sandbienen und Sandlaufkäfer regeneriert. Selbst auf weitgehend vergrasten Standorten kann das Heidekraut nach Bodenfreilegung wieder auftreten, da es wie auch zahlreiche weitere Arten der Heiden und Magerrasen eine mehrere Jahrzehnte überdauernde Samenbank bildet. Schafherden stehen zur Pflege von Heideflächen häufig nicht mehr zur Verfügung, deshalb wurde nach verschiedenen alternativen Verfahren der Heidepflege gesucht. Dafür kommt u.a. eine Beweidung der Flächen mit anderen Tierarten in Frage. Gute Erfahrungen wurden mit Mufflons und Rindern gemacht. Bei letzteren war gegenüber einer Beweidung mit Schafen von Vorteil, dass für Rinder Calluna vulgaris (Heidekraut) als Futterpflanze eine geringere Attraktivität hat. Die starke Präferenz der Gräser führt einerseits zu einer Konkurrenzminimierung für Calluna und zum anderen können sich Jungpflanzen der Heide in vegetationsfreien Trittstellen ansiedeln. Es erscheint allerdings fraglich, ob der Nährstoffbedarf der Rinder gedeckt werden kann. Über den optimalen Beweidungszeitraum von Heidegesellschaften bestehen noch Erkenntnisdefizite. Die Beweidung sollte einerseits eine möglichst hohe Abschöpfung der Biomasse der Gräser gewährleisten und nach Möglichkeit deren Blüte und Fruchtbildung einschränken, andererseits sollte das Heidekraut weitgehend geschont werden. Das bedeutet, dass die Beweidung dann stattfinden sollte, wenn die Jahrestriebe des Heidekrauts ausgereift oder mindestens halbreif und damit für das Weidevieh weniger attraktiv sind. Mehrjährige Beweidungspausen nach einer Nutzungsphase können sinnvoll sein, jedoch sind stets Einzelfallentscheidungen unter Berücksichtigung der Trophie, des Zustandes und der Sukzessionstendenz eines Standortes nötig. Bei fortgeschrittener Rohhumusakkumulation, einer Überalterung der Heidekrautbestände und starker Vergrasung kann auch Feuer sinnvoll zur Pflege eingesetzt werden. Durch Brand lassen sich Rohhumusansammlungen effektiv beseitigen, wobei ein großer Teil des akkumulierten Stickstoffs eliminiert wird. Der Feuereinsatz dient einerseits der Schaffung von Rohbodenstandorten, die eine Verjüngung des Heidekrauts wie auch anderer Pflanzenarten früher Sukzessionstadien ermöglichen. Andererseits wird eine Deeutrophierung des Standortes bewirkt und es werden weiterhin konkurrierende hochwüchsige Gehölze, vor allem der Jungwuchs von Baumarten, vernichtet. Der Anteil gebrannter Fläche am Gesamtbestand ist am Alter des Heidekrauts und an der geplanten Eingriffshäufigkeit auszurichten. Das bedeutet, dass ein Feuereinsatz bevorzugt in der Degenerationsphase der Heide durchgeführt werden sollte und dass zumindest auf Heiden mit geringer Gesamtfläche nur kleine Flächen gebrannt werden sollten, wenn flexibel in die Bestandsentwicklung eingegriffen werden kann. Dagegen sollte relativ großflächig gebrannt werden, wenn Feuereinsätze selten möglich oder schwierig zu organisieren sind und andererseits sehr ausgedehnte Heidegebiete (z.B. auf bestehenden oder ehemaligen Truppenübungsplätzen) zu pflegen sind. Aufkommende Gehölze sind periodisch zusätzlich durch mechanische Maßnahmen zurückzudrängen. Dabei ist zu beachten, dass es im Zuge von Gehölzbeseitigung infolge großflächiger Bodenverletzung zur verstärkten Keimung von Gehölzsamenanflug und infolge von Nährstofffreisetzung aus verrottenden Wurzeln zu verstärkter Vergrasung kommt. Es empfiehlt sich daher, nach einer Gehölzbeseitigung eine eventuell mehrjährige Beweidungsphase und bei Vorhandensein von Rohhumusdecken eine Pflege durch Brand einzuplanen. In jüngerer Zeit wurden verschiedene Verfahren der maschinellen Heidepflege erprobt, darunter Abschieben oder Umbruch des Oberbodens, maschinelles Plaggen oder Mahd mittels Schlegelmäher. Die Verfahren wurden auf Teilflächen oder streifenweise innerhalb der Bestände angewendet. Ein Abtrag der humusreichen Oberbodenschicht erwies sich als geeignet, um eine Aussamung der Heide zu ermöglichen. Ebenfalls erfolgreich war der Bodenumbruch mit Ausbringung fruchtender Zweige des Heidekrauts zur Ansaat. Die Mahd ist zur Verjüngung überalterter Heidevegetation nur begrenzt tauglich, da sie unselektiv wirkt und Gräser begünstigt, wenn diese nicht durch Nährstoffarmut des Substrates ausgeschlossen werden.

Charakteristische Pflanzenarten

Gefäßpflanzen:

  • Rotes Straußgras (Agrostis capillaris)
  • Gemeines Ruchgras (Anthoxanthum odoratum)
  • Heidekraut (Calluna vulgaris)
  • Pillen-Segge (Carex pilulifera)
  • Dreizahn (Danthonia decumbens)
  • Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa)
  • Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias)
  • Schaf-Schwingel (Festuca ovina)
  • Harz-Labkraut (Galium saxatile)
  • Englischer Ginster (Genista anglica)
  • Haar-Ginster (Genista pilosa)
  • Echter Wiesenhafer (Helictotrichon pratense)
  • Kleines Habichtskraut (Hieracium pilosella)
  • Tüpfel-Hartheu (Hypericum perforatum)
  • Gemeines Ferkelkraut (Hypochoeris radicata)
  • Feld-Hainsimse (Luzula campestris)
  • Blutwurz (Potentilla erecta)
  • Kleiner Sauerampfer (Rumex acetosella)
  • Heidelbeere (Vaccinium myrtillus)

Flechten:

  • Cetraria aculeata
  • Cetraria islandica
  • Cladonia arbuscula
  • Cladonia cervicornis
  • Cladonia foliacea
  • Cladonia furcata
  • Cladonia gracilis
  • Cladonia phyllophora
  • Cladonia pyxidata
  • Cladonia rangiferina
  • Cladonia rangiformis
  • Cladonia uncialis

Moose:

  • Buxbaumia aphylla
  • Brachythecium albicans
  • Cephaloziella divaricata
  • Dicranum scoparium
  • Hypnum cupressiforme
  • Hypnum jutlandicum
  • Lophozia bicrenata
  • Pleurozium schreberi
  • Pogonatum nanum
  • Polytrichum juniperinum
  • Polytrichum piliferum
  • Ptilidium ciliare

Literatur/Links

Link zur Literaturliste: (PDF, nicht barrierefrei)

24, 40, 89, 106, 107, 113, 139, 188, 205, 241, 254, 284, 285, 286, 287, 299, 300, 329, 332, 336, 344

entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2002): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 368 S.