Haselmaus (Muscardinus avellanarius)
Beschreibung
Charakteristisch für die Haselmaus ist die oberseits gelblich- bis rötlichbraune Fellfärbung in Verbindung mit dem buschig behaarten Schwanz. Kehle und Brust sind auffallend weißlich gefärbt. Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 6,5 – 9,0 cm, einer Schwanzlänge von 5,5 – 8 cm und einer Körpermasse von 15 – 35 g ist sie die kleinste Vertreterin der Schlafmäuse (Gliridae).
Biologie und Ökologie
Die nacht- und dämmerungsaktive Art bewohnt unterholzreiche Laub- und Mischwälder, Kahlschläge, Waldsäume, aber auch Feldhecken vor allem im kollinen und montanen Bereich. Eine wichtige Voraussetzung scheint das Vorhandensein einer gut entwickelten Strauchschicht (Brom- oder Himbeere) zu sein. Haselmäuse sind sehr gute Kletterer. Als Tagesverstecke werden kugelförmige Nester (Durchmesser 12 – 15 cm, seitlicher Eingang) aus trockenem Gras und Laub freistehend in dichten Gebüschen oder in Höhlungen (z.B. Nistkästen) angelegt. Der in unseren Breiten von Oktober bis April dauernde Winterschlaf wird am Boden unter der Laubschicht, zwischen Baumwurzeln oder aber auch in Erdlöchern bzw. Felsspalten abgehalten. Für diesen Zeitraum werden im Herbst Fettdepots angelegt. Nach Untersuchungen von SCHULZE (1973) im Südharz brachten die dortigen Haselmäuse in den Monaten Mai bis September (Maximum Juni – August) zwei bis sechs (1x7, 1x8) Junge zur Welt. Im Gegensatz zu anderen Gebieten Europas konnten im Südharz Zweitwürfe nur sehr selten nachgewiesen werden. Die Nahrung der Haselmäuse umfasst vorwiegend vegetarische Bestandteile (Knospen, Samen, Früchte) aber zumindest zeitweilig (Frühsommer) auch Insekten und deren Larven. Als Fressfeinde der Haselmaus treten im Harz vor allem den gleichen Lebensraum besiedelnde Eulenarten wie Wald- und Raufußkauz in Erscheinung (HAENSEL & WALTHER 1970/71, WAGNER & JENTZSCH 2000).
Verbreitung
Die westpaläarktisch verbreitete Haselmaus besiedelt Europa von Südschweden bis zum Mittelmeer und östlich bis Russland. Die Art fehlt in Teilen Großbritanniens, in Irland, auf der Iberischen Halbinsel und in weiten Teilen Skandinaviens (MITCHELL-JONES et al. 1999). Auch aus Belgien, den Niederlanden und dem norddeutschen sowie dem polnischen Tiefland sind keine zusammenhängenden Vorkommen bekannt. In Deutschland ist die Art vor allem im kollinen und montanen Bereich verbreitet. Für Ostdeutschland betrifft dies den Harz, die Rhön, den Thüringer Wald, das Erzgebirge, das Elbsandsteingebirge und die Lausitz (GÖRNER & HENKEL 1988). Ein isoliertes Vorkommen auf Rügen konnte kürzlich bestätigt werden. (SIEKE 1998, BÜCHNER et al. 2002)
Bestandssituation in Sachsen-Anhalt
JENTZSCH (2004) hat die verfügbaren Daten zur Verbreitung der Haselmaus in Sachsen-Anhalt zusammengestellt. Danach existieren aktuell mit dem Harz, dem Unstrut-Triasland und dem Zeitzer Forst drei mehr oder weniger getrennte Vorkommensgebiete im Süden und Südwesten des Landes. Wichtigstes Verbreitungsgebiet ist der Harz, wo sich die Vorkommen auf den Südharz (Gipskarst) sowie das Harzplateau im Ober- und Ostharz konzentrieren (OHLENDORF 1987, JENTZSCH 2004). Im Unstrut-Triasland wird das Gebiet südlich der Unstrut und westlich der Saale besiedelt, wo die Art in den Laubmischwäldern offenbar nicht selten ist (JENTZSCH 2004). Nachweise aus dem Gebiet des Zeitzer Forstes werden von UNRUH (1981, mdl. Mitt. 2002) aufgeführt. Das Vorkommen der Haselmaus in Sachsen-Anhalt ist derzeit nur unzureichend untersucht. Das Verbreitungsbild basiert zum überwiegenden Teil auf Einzelbeobachtungen.
Gefährdung und Schutz
Zu gegenwärtigen Gefährdungen der Art bzw. deren Ursachen sind zum jetzigen Zeitpunkt nur wenige Aussagen möglich. Untersuchungen in Großbritannien haben gezeigt, dass die Fragmentierung von Waldflächen bzw. eine Verringerung der Pflanzenartenvielfalt negative Einflüsse auf die Verbreitung der Haselmaus haben (BRIGHT et al. 1996). Gerade das Verschwinden einzelner Pflanzenarten kann dazu führen, dass die notwendige Abfolge der jahreszeitlich verschiedenen Bestandteile der Nahrung nicht mehr gegeben ist. Das führt z.B. dazu, dass nicht genügend Winterfett angesetzt wird und die Tiere während der Winterschlafs verhungern. Auch der durch zunehmenden Wegfall der Kahlschlagwirtschaft und das Unterdrücken natürlicher Sukzession stetige Rückgang von Waldrandstrukturen in den Wirtschaftswäldern kann sich nachteilig auf die Art auswirken (SPITZENBERGER & BAUER 2001). Demzufolge sollten Schutzmaßnahmen für die Haselmaus auf die Erhöhung der Strukturvielfalt innerhalb der Lebensräume abzielen sowie einer Fragmentierung bzw. Zerschneidung innerhalb des Areals entgegenwirken.
Rote Liste Deutschland: G – Gefährdung unbekannten Ausmaßes (Stand 2009)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: 1 – Vom Aussterben bedroht (Stand 2004)
Literatur/Links
Link zur Literaturliste (als PDF, nicht barrierefrei)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 142 S.