Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia) (*besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen) - LRT 6210
Beschreibung
Der Lebensraumtyp umfasst Trocken- und Halbtrockenrasen submediterraner bis subkontinentaler Prägung, die große Teile der Schwingel-Trespen-Trocken- und Halbtrockenrasen (Festuco-Brometea) einschließen. Der prioritär zu schützende Lebensraum "Besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen" muss mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllen:
- Das Gebiet besitzt einen hohen Artenreichtum an Orchideen,
- das Gebiet zeichnet sich durch eine große (bedeutende) Population mindestens einer bundesweit seltenen bzw. gefährdeten Orchideenart aus,
- im Gebiet wachsen mehrere seltene oder sehr seltene Orchideenarten.
Standort
Trocken- und Halbtrockenrasen kommen auf basenreichen Böden trocken-warmer Standorte in Landschaften mit relativ geringer Winterkälte und hohen Sommertemperaturen vor. Besonders gut sind sie in niederschlagsarmen Landschaften des Hügel- und Flachlandes entwickelt.
Trockenrasen
Trockenrasen kommen auf unentwickelten, flachgründigen Böden, an Hangkanten der Muschelkalksteilstufen, auf Oberhängen von Muschel- oder Devonkalkschotterhalden, auf extrem flachgründigen Protorendzinen, aber auch auf flachgründigen Südhängen und auf Hochflächen mit skelettreichen Kalksteinverwitterungsböden vor. Lückige Trockenrasen treten auf basenreichen Böden extrem trockener, warmer Standorte, oft in steiler, südexponierter Hanglage, auf. Die Hauptentwicklung erfolgt im Frühjahr, ein zweiter Blühaspekt schließt sich gelegentlich im Herbst an. Im Sommer ist eine starke Austrocknung zu verzeichnen. Die lückigen Trockenrasen besitzen eine wichtige schotterstauende Funktion.
Halbtrockenrasen
Dichtschließende Halbtrockenrasen entwickeln sich auf tiefgründigen Standorten basenreicher Böden, die einen relativ ausgeglichenen Wärme- und Wasserhaushalt haben (sommerwarm aber nicht extrem austrocknend).
Vorkommen
Nur Trockenrasen auf Extremstandorten, die einer natürlichen Dynamik unterliegen, existieren unabhängig von regelmäßiger Nutzung oder Pflege. Trockenrasen, deren zeitweise vegetationslose Störstellen fortlaufend nur durch Nutzung neu entstehen, sind von anthropogenen Eingriffen abhängig. Sowohl auf den Trockenrasen der Extremstandorte als auch auf anthropogen entstandenen werden Gehölze durch gelegentlichen Verbiss durch Wild oder Nutztiere (z.B. Ziegen, Schafe) unterdrückt. Halbtrockenrasen sind Kulturbiotope. Ihre Existenz hängt von der regelmäßigen Nutzung oder Pflege der Flächen ab. Diese erfolgt traditionell zur Zeit der optimalen Entwicklung der meisten bestandsprägenden Arten. Die Nutzung kann als Beweidung mit Schafen und/oder Ziegen, als jährliche ein- bis zweischürige Mahd sowie als einschürige Mahd mit nachfolgender Beweidung erfolgen. Aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsformen entwickeln sich, auch unter gleichen abiotischen Standortbedingungen, verschiedene Pflanzengesellschaften. Bei der Beweidung wirken sich der selektive Verbiss und die selektive Meidung von Pflanzenarten als wesentliche vegetationsdifferenzierende Faktoren aus. Vor allem bewehrte und behaarte Pflanzen sowie Arten, die z.B. durch ätherische Öle, Harze, Gerbstoffe oder Glykoside schlechte Geschmackseigenschaften besitzen oder giftig wirken, werden vom Weidevieh gemieden und damit gefördert. Pflanzenarten mit bodenangepresstem Wuchs können vom Weidevieh nicht erfasst werden, so dass auch sie eine Förderung erfahren. Dagegen werden besonders bevorzugte Pflanzen bei jedem Weidegang sehr stark verbissen, so dass sie stärker geschädigt werden als andere. Bei einer Beweidung während der Blütezeit oder in der Fruchtbildungsphase kann die generative Vermehrung bevorzugt verbissener Arten stark eingeschränkt oder verhindert werden. Arten, die auf eine regelmäßige generative Vermehrung angewiesen sind, gehen dadurch zurück oder werden aus den Pflanzenbeständen eliminiert. Ebenfalls stark geschädigt werden trittempfindliche Arten, d.h. überwiegend Arten, deren Erneuerungsknospen an oder oberhalb der Erdoberfläche sitzen. Bei häufigem Weidegang mit hoher Besatzdichte werden Untergräser und niedrige Dikotyle auf Kosten der hochwachsenden Arten gefördert, bei wenigen Weidegängen und/oder geringer Besatzdichte erfolgt keine Förderung von Pflanzen einer bestimmten Wuchshöhe. Durch die Beweidung wird die Ausbildung von verdämmenden Streudecken weitgehend verhindert. Die Biomasse wird verwertet und durch den Tritt der Weidetiere kommt es zur Zerkleinerung trockener oder teilzersetzter Streu und einer Anpressung dieser an den Boden. Die Streu wird dadurch bei Niederschlägen länger und gleichmäßiger durchfeuchtet und damit schneller zersetzt. Auf hängigen Rasen kommt es zu einer aus naturschutzfachlicher Sicht durchaus erwünschten Erosion von Streuteilen und Feinboden, die zur Erhaltung der Oligotrophie des jeweiligen Standortes beiträgt. Im Verdauungstrakt und im Fell der Weidetiere werden die Samen zahlreicher Pflanzenarten transportiert. Dadurch findet bei einem Wechsel der Weideflächen einerseits ein genetischer Austausch zwischen isolierten Populationen der betreffenden Pflanzenarten statt (indirekter Biotopverbund), andererseits ermöglicht der Transport der Samen die Besiedlung neuer Standorte. Besonders viele Samen werden im gekräuselten Vlies des Schafes transportiert, das damit eine wesentliche Bedeutung für den Samenaustausch zwischen isolierten Standorten des LRT besitzt. Eine Beweidung durch Rinder, die heute teilweise auch stattfindet, war in der Vergangenheit in Sachsen-Anhalt nicht üblich, da die Pflanzenbestände den Nährstoffansprüchen der Rinder kaum gerecht werden. Diese Beweidungsart ist ungünstig, da die Narbe der überwiegend auf hängigen Flächen entwickelten Trockenrasen dem Tritt schwerer Haustiere auf Dauer nicht gewachsen ist und unter den Kotstellen der Rinder auch teilweise abstirbt. Auf solchen Stellen siedeln sich ruderale Weideunkräuter an, die mindestens partiell die standortentsprechende Pflanzengesellschaft ablösen. Die Mahd wirkt im Gegensatz zur Beweidung nicht selektiv, alle Arten werden auf einer einheitlichen Höhe vom Mähgerät erfasst. Sie erfolgt überwiegend im Frühsommer zur Blütezeit der meisten bestandsprägenden Arten. Die zu dieser Jahreszeit scharfe Konkurrenz der Pflanzen um das für die Photosynthese erforderliche Licht wird mit einem Schlag beseitigt und ein volles Lichtdargebot für alle, auch die niedrig- und schwachwüchsigen Arten, wiederhergestellt. Da sich die Blattmasse der hochwüchsigen Halbtrockenrasenpflanzen zu diesem Zeitpunkt vor allem im oberen Teil der Vegetationsschicht befindet, sind ihre verbleibenden Pflanzenteile kaum assimilationsfähig und eine Regeneration erfolgt nur langsam. Die ein- und zweischürige Mahd fördert durch lange Zwischennutzungszeiten die hochwüchsigsten Arten der Bestände, d.h. vorrangig Mittelgräser sowie relativ hochwachsende Kräuter und Leguminosen, die ihrerseits niedrigwüchsige Arten durch Beschattung und Wurzelkonkurrenz zurückdrängen. Viele dieser Arten wie z.B. Aufrechte Trespe (Bromus erectus) und Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia) sind bei langen Wachstumsphasen in der Lage, tiefgehende Wurzelsysteme zu entwickeln und so Wasserreserven zu erschließen, die den meist flachwurzelnden Arten der Weiderasen nicht zur Verfügung stehen. Gehölze und spät im Jahr blühende, wenig regenerationskräftige krautige Arten ruderaler Halbtrockenrasen können unter diesen Bedingungen nicht existieren. Es profitieren gut regenerationsfähige Arten von diesem Eingriff, in gewissem Umfang selbst solche, die niedrig- und relativ schwachwüchsig sind. Insbesondere sind Arten im Vorteil, die sich entweder im Frühjahr so schnell entwickeln, dass sie zum Zeitpunkt des Wiesenschnittes bereits fruchten oder aber in der Lage sind, mit dem zweiten Aufwuchs im Sommer nochmals zu blühen und Samen zu bilden. In langen Nutzungszwischenräumen verschiebt sich das Konkurrenzverhältnis wieder zugunsten der höherwüchsigen Arten. Alle Ausbildungen des LRT wurden ohne Düngung bewirtschaftet. Durch regelmäßigen Nährstoffentzug wird der Stickstoffvorrat der Böden erschöpft, so dass die Höhe der natürlichen Stickstoffnachlieferung zum wachstumsbegrenzenden Faktor wird. Die heutigen Ausprägungen des LRT entwickelten sich als stickstofflimitierte Pflanzengesellschaften. Bei verstärktem Stickstoffeintrag oder Düngung vollzieht sich unter teilweisem Artenwechsel zumindest auf Standorten der Halbtrockenrasen eine Entwicklung zur trockenen Ausbildung der Glatthaferwiese (Arrhenatheretum elatioris salvietosum), mit der ein Verlust des LRT einhergeht.
Pflege/Schutz
Die Pflege von Beständen des LRT muss folgende Zielstellungen erfüllen:
- Aufrechterhaltung der Oligotrophie der Standorte durch regelmäßigen Entzug von Nährstoffen/Biomasse, eine Düngung ist dementsprechend in jedem Fall auszuschließen.
- Vermeidung des Verfilzens durch abgestorbene Gräser und Kräuter durch regelmäßigen Biomasseentzug,
- Verhinderung des Aufkommens dominierender Hochstauden, was ebenfalls durch regelmäßigen Biomasseentzug zu gewährleisten ist,
- Vermeidung bzw. Zurückdrängen des Aufkommens von Gehölzen.
Da die traditionelle Nutzungsintensität durch die derzeitige Praxis in der Regel nicht mehr erreicht wird, sind gelegentliche Pflegeeingriffe zur Zurückdrängung der Gehölze notwendig. Gehölzschnitt ist grundsätzlich von der Fläche zu entfernen. Das Xerobromion (Trockenrasen) muss weitgehend gehölzfrei gehalten werden. Das Aufkommen der Gehölze kann durch gelegentliche Beweidung oder Pflegeeingriffe vermieden bzw. zurückgedrängt werden. Das gilt insbesondere für jene Trockenrasen, deren Dynamik aufgrund von Beweidung initiiert wurde. Als Weidetiere kommen Schafe und/oder Ziegen in Frage. Kleinflächige Trockenrasen, die innerhalb von beweideten Halbtrockenrasen liegen, können in die jährliche Beweidung integriert werden. Das Mesobromion (Halbtrockenrasen) ist grundsätzlich von einer regelmäßigen Nutzung oder Pflege abhängig. Diese kann in Abhängigkeit von der Wüchsigkeit der Standorte jährlich, aber auch in mehrjährigen Abständen angebracht sein. Man unterscheidet zwischen den auf Beweidung angewiesenen bzw. beweidungstoleranten, den eingeschränkt beweidungstoleranten und den auf Mahd angewiesenen und daher kaum beweidungstoleranten Ausprägungen.
Beweidung
Bestände des Gentiano-Koelerietum pyramidatae, Filipendulo vulgaris-Avenuletum pratensis, Festuco rupicolae-Brachypodietum pinnati, sowie Trockenrasen an Sekundärstandorten sind weidetolerant bzw. überwiegend auf Beweidung angewiesen. Die Möglichkeit der Beweidung wird durch den Aufwuchs bestimmt und muss deshalb nicht zwingend auf eine bestimmte Periode beschränkt werden. Im Allgemeinen können zwei bis vier Weidegänge pro Jahr durchgeführt werden, wobei Beweidungspausen von etwa sechs bis acht Wochen einzuhalten sind. Prinzipiell ist die Aufstellung von Beweidungsplänen zu empfehlen. Die Beweidung der Bestände sollte der historischen Nutzung entsprechend durch Schafe und/oder Ziegen erfolgen. Beide Tierarten ergänzen sich sehr gut in ihrer Nahrungsauswahl. Während Schafe weitgehend Gräser bevorzugen und neben Leguminosen nur wenige Kräuter stark verbeißen, wählen Ziegen ein möglichst breites Futterspektrum aus. Ihre Neigung, Gehölze sehr stark zu verbeißen und deren Rinde zu schälen, ist für die Pflege von erheblichem Vorteil, denn dadurch erübrigt sich meist eine zusätzliche Beseitigung aufkommender Gehölze. Bei reiner Schafweide stellt das Gehölzaufkommen dagegen oft ein Problem dar. Die Schäfer sollten deshalb dazu angehalten werden, während der Weideführung Junggehölze zu beseitigen, wie dies Jahrhunderte lang üblich war. Die für diese Gesellschaften charakteristischen Pflanzenarten werden überwiegend von den Weidetieren gemieden und dementsprechend gefördert, z.B. stachelige Arten wie Silberdistel (Carlina vulgaris) oder Stengellose Kratzdistel (Cirsium acaule), giftige oder an Bitterstoffen reiche Arten wie Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), Deutscher und Gewöhnlicher Fransenenzian (Gentianella germanica et ciliata) oder Arten mit aromatischen Inhaltsstoffen wie viele Lippenblütengewächse. Die Weideführung von Schafen und Ziegen sollte nach Möglichkeit in Hütehaltung erfolgen, da in diesem Fall ein stärkerer Nährstoffaustrag erfolgt (ca. 70 % des aufgenommenen Stickstoffs werden nachts im Stall oder Pferch ausgeschieden). Pferchflächen sind außerhalb von Beständen des LRT anzulegen. Bei Hanglagen ist nach Möglichkeit unterhalb des LRT zu pferchen. Wenn aufgrund der örtlichen Situation oberhalb gepfercht werden muss, sind 20 m Mindestabstand zur Hangkante einzuhalten und eine Nutzung der Vegetation der Pferchflächen im Folgejahr sicherzustellen. Eine Weideführung in wechselnden Koppeln mittels mobiler Elektrozäune ist nicht als optimal anzusehen, kann jedoch auf Standorten mit geringem Nährstoffstatus und -eintrag sowie geeignetem Weidemanagement die Erhaltung des LRT gewährleisten. Koppelgröße, Besatzdichte und Weideperiode sind in Anpassung an den jeweiligen Pflanzenbestand so zu bemessen, dass zwar nur geringe Weidereste verbleiben, bevorzugte Pflanzenarten jedoch nicht eliminiert werden und sich gemiedene Pflanzen nicht übermäßig ausbreiten. Entstehende Nester stickstoffliebender Arten an Kot- und Urinplätzen sind nachzumähen, wobei das Mahdgut zu entfernen ist. Das Aufstellen von Tränken muss außerhalb der Bestände des LRT geschehen. Eine Zufütterung der Weidetiere während der Beweidung von Beständen des LRT ist auszuschließen, da sie zu zusätzlichem Nährstoffeintrag und damit zur erheblichen Verschlechterung des Erhaltungszustandes führen würde. Die Beweidung durch Rinder ist prinzipiell möglich, jedoch ist aufgrund geringeren Verbisses, geringerer Selektivität des Fressens, fehlenden Nährstoffaustrags (Koppelhaltung), stärkerer Trittbelastung der überwiegend hängigen Flächen und der Entstehung von Geilstellen eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes zu befürchten. Durch Rinder beweidete Bestände des LRT bedürfen daher einer regelmäßigen Kontrolle. Eine Beweidung mit Pferden ist wegen extremer Trittbelastung und der Anlage von Kotplätzen durch die Tiere auszuschließen. Bei vielen der beweideten Bestände ist eine gelegentliche Mahd (zusätzlich oder alternativ) für den Strukturerhalt auch der durch Beweidung entstandenen Gesellschaften förderlich. Wird nicht hin und wieder gemäht, sind zumindest regelmäßig die trotz Beweidung aufkommenden Gehölze zurückzudrängen. Einmaliges Mulchen ist zur Wiederherstellung der Nutzungsfähigkeit langfristig brachliegender, verstaudeter oder verbuschter Magerrasen geeignet. Bei starker Streuauflage kann auch ein einmaliger Brand sinnvoll sein. Dabei sollte die Variante des Mitwindfeuers gewählt werden, das geringere Bodentemperaturen als ein Gegenwindfeuer und daher keine Zerstörung der Diasporenbank verursacht.
Mahd
Gemähte Bestände, die überwiegend zur Gesellschaft des Onobrychido-Brometum erecti zu stellen sind, waren in Sachsen-Anhalt auch in der Vergangenheit selten, Hauptnutzungsform war wohl fast überall die Schaf- und Ziegenbeweidung. Die Mahd diente früher ausschließlich der Heugewinnung. Das Heu der Halbtrockenrasen ist aber durch seinen geringen Nährwert und Rohproteingehalt nur eingeschränkt zur Verfütterung an die heute gehaltenen Haustierrassen geeignet, die aufgrund ihres gestiegenen Leistungspotenzials hohe Ansprüche an die Nährstoffversorgung stellen. Trotzdem muss das Mahdgut entfernt werden, da sich sonst eine Streudecke herausbildet, die sich innerhalb eines Jahres nicht vollständig zersetzt und feinblättrige Arten im Austrieb behindert sowie Samenauflauf und Keimlingsetablierung typischer Halbtrockenrasenarten weitgehend unterbindet. Die Lage der Bestände auf hängigen Flächen erfordert auch heute noch Handmahd oder den Einsatz von Spezialfahrzeugen. Beide Pflege- oder Nutzungsvarianten sind nur selten zu realisieren, so dass fast alle der wenigen, ehemals gemähten Bestände des LRT gegenwärtig als Schafweide genutzt werden bzw. brachgefallen sind. Bei Beweidung ist langfristig zumindest tendenziell eine Entwicklung der Pflanzenbestände des LRT Onobrychido-Brometum erecti in Richtung Gentiano-Koelerietum pyramidatae zu erwarten. Das hat folgende Gründe: Zahlreiche Arten der Pflanzengesellschaft, so auch die namensgebenden Aufrechte Trespe (Bromus erectus) und Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia), sind, gemessen an bestandsprägenden Arten anderer Trockenrasen, recht hochwüchsig. Sie verlagern Speicherstoffe aufgrund der artspezifisch langen Wachstumsphase sowie der späten Blüte- und Fruchtzeit erst spät im Jahr in unterirdische Organe. Diese Einlagerung von Reservestoffen ist bei der klassischen Mahdnutzung infolge der späten Nutzungstermine gewährleistet, wodurch die Konkurrenzkraft der Arten erhalten bleibt. Die Beweidung von Trockenrasen erfolgt in der Regel zeitiger als die Mahd, um bei weniger ”verholztem” Pflanzenbestand eine hinreichende Futteraufnahme durch das Weidevieh sicherzustellen. Dadurch werden die höherwüchsigen Arten bei zeitiger Nutzung stärker getroffen, als niedriger wachsende. Hinzu kommt, dass zahlreiche der bestandsprägenden oder wertgebenden Arten des Onobrychido-Brometums beliebte Futterpflanzen sind und bei Selektionsmöglichkeit stärker befressen werden als ihre Konkurrenten. Darüber hinaus kann man mit einer Beweidung zur Blütezeit der bestandsprägenden Arten meist nicht die zur Erhaltung der Ausprägungsform nötige Biomasseabschöpfung erreichen. Zwar ist die durch Beweidung ausgelöste Umwandlung von Beständen des Onobrychido-Brometum erecti in solche des Gentiano-Koelerietum pyramidatae nicht mit einem Verlust des Lebensraumtypes 6210 verbunden, doch diese Entwicklung entspricht aufgrund der Seltenheit der Bestände des Onobrychido-Brometum erecti, bei denen es sich zudem oft um prioritäre, orchideenreiche Ausbildungsformen des Lebensraumes handelt, in der Regel nicht den naturschutzfachlichen Zielvorstellungen. Die noch vorhandenen Bestände des Onobrychido-Brometum erecti sollten deshalb im Optimalfall einschürig zur Zeit der Blüte von der Aufrechten Trespe (Bromus erectus) gemäht werden. Das Mulchen stellt keine geeignete Erhaltungsmaßnahme für diesen Halbtrockenrasentyp dar. Zur Wiederherstellung der Nutzbarkeit langfristig brachliegender Flächen ist lediglich ein einmaliges Mulchen zu tolerieren. Bestände mit verstärktem Auftreten von Brachezeigern oder Aufkommen von Obergräsern der Flachlandmähwiesen wie Gewöhnlicher Glatthafer (Arrhenatherum elatius) und Wiesen-Knäuelgras (Dactylis glomerata) können nach einer Nutzungspause von mindestens sechs Wochen ein zweites Mal gemäht werden.
Ausgewählte lebensraumtypkennzeichnende (wertgebende) Arten
Gefäßpflanzen:
- Berg-Lauch (Allium montanum)
- Wundklee (Anthyllis vulneraria)
- Hügel-Meier (Asperula cynanchica)
- Dänischer Tragant (Astragalus danicus)
- Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum)
- Aufrechte Trespe (Bromus erectus)
- Erd-Segge (Carex humilis)
- Vogelfuß-Segge (Carex ornithopoda)
- Silberdistel (Carlina acaulis)
- Scabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa)
- Stengellose Kratzdistel (Cirsium acaule)
- Furchen-Schwingel (Festuca rupicola)
- Knackelbeere (Fragaria viridis)
- Gewöhnlicher Fransenenzian (Gentianella ciliata)
- Deutscher Fransenenzian (Gentianella germanica)
- Graues Sonnenröschen (Helianthemum canum)
- Gemeines Sonnenröschen (Helianthemum nummularium)
- Hufeisenklee (Hippocrepis comosa)
- Zierliches Schillergras (Koeleria macrantha)
- Großes Schillergras (Koeleria pyramidata)
- Sichel-Klee (Medicago falcata)
- Kleines Knabenkraut (Orchis morio)
- Dreizähniges Knabenkraut (Orchis tridentata)
- Brand-Knabenkraut (Orchis ustulata)
- Spinnen-Ragwurz (Ophrys spegodes)
- Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum)
- Kleine Pimpinelle (Pimpinella saxifraga)
- Bitteres Kreuzblümchen (Polygala amara)
- Rötliches Fingerkraut (Potentilla heptaphylla)
- Frühlings-Fingerkraut (Potentilla tabernaemontani)
- Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris)
- Großblütige Braunelle (Prunella grandiflora)
- Knolliger Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus)
- Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria)
- Ohrlöffel-Leimkraut (Silene otites)
- Pechnelke (Silene viscaria)
- Trauben-Gamander (Teucrium botrys)
- Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys)
- Berg-Gamander (Teucrium montanum)
- Kleine Wiesenraute (Thalictrum minus)
Literatur/Links
Link zur Literaturliste: (PDF, nicht barrierefrei)
4, 12, 13, 14, 39, 40, 78, 89, 94, 121, 129, 142, 178, 206, 252, 254, 259, 260, 287, 299, 332, 343, 349, 351
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2002): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Lebensraumtypen nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 368 S.