Mittelspecht (Dendrocopos medius)
Verbreitung
Die Verbreitung des Mittelspechts beschränkt sich auf die Laubwaldzone der westlichen Paläarktis. Das Areal erstreckt sich von Nordspanien nordostwärts über Mitteleuropa bis ins Baltikum und nach Westrussland bzw. ostwärts über die Balkanhalbinsel und den Kaukasus bis in den westlichen Iran. Die nördlichsten Vorkommen erreichen gegenwärtig 58 ° N. Die südschwedischen Bestände sind in den 1980er Jahren erloschen. Die europäische Verbreitung deckt sich größtenteils mit dem Vorkommen der Hainbuche (Carpinus betulus). Neben der in fast ganz Europa verbreiteten Nominatform des Mittelspechts D. m. medius brüten D. m. caucasius in Kleinasien und im Kaukasus und D. m. sanctijohannis im Zagrosgebirge im Iran. Deutschland und Polen halten derzeit die größten Brutbestände der Art (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1994, PURROY & SCHEPERS in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). In Deutschland fehlt der Mittelspecht großräumig im Alpenvorland, im Böhmerwald, Fichtel- und Erzgebirge sowie größtenteils im Nordwesten. Das übrige Gebiet wird von der an Eichenwälder gebundenen Art mit größeren Verbreitungslücken besiedelt (RHEINWALD 1993). In Sachsen-Anhalt werden die höchsten Siedlungsdichten von 0,8 bis 2,0 BP/10 ha in den Auenwäldern der mittleren Elbe zwischen Magdeburg und Wittenberg und in den Eichenwäldern am nördlichen Harzrand festgestellt (GÜNTHER 1992, NICOLAI 1993a, HAMPE 1999). Im Südteil des Bundeslandes siedeln weitere Vorkommen hauptsächlich am Kyffhäuser, im Ziegelrodaer Forst und im Bereich der Finne sowie kleinere Populationen im Fläming, Hakel sowie in der Dübener und Dölauer Heide (GNIELKA & ZAUMSEIL 1997)
Ökologie und Zugstrategie
Durch die enge Bindung der Mittelspechte an Eichen werden Hartholzauen sowie Eichen-Hainbuchen- und ähnlich strukturierte Laubmischwälder sehr stark als Habitat bevorzugt. Diese Wälder sind meist lückig, verfügen über große Altholzbestände und werden als Mittel- oder Hochwald bewirtschaftet. Sie bieten der Spechtart ganzjährig Arthropodennahrung, die in der rauen Borke aufgespürt wird („Stochern“). Bei größeren Populationsdichten werden auch reich strukturierte Sekundärbiotope wie Streuobstwiesen und Parkanlagen besiedelt, wenn sie in der Nähe von Eichenwäldern liegen. Mittelspechte sind Stand- und Strichvögel. Sie werden nur vereinzelt abseits der bekannten Brutgebiete angetroffen (GLUTZ VON BLOTZHEIM 1994).
Bestandsentwicklung
Obwohl langfristige Populationsstudien meist fehlen, sind seit längerer Zeit Bestands- und Arealverluste zu verzeichnen, die sowohl die Grenzvorkommen als auch die Dichtezentren in Mittel- und Westeuropa betreffen (BAUER & BERTHOLD 1997, PURROY & SCHEPERS in HAGEMEIJER & BLAIR 1997, TUCKER & HEATH 1994). Insgesamt sind die Bestände in Deutschland trotz regionaler Zu- und Abnahmen seit 1970 stabil (Änderungen < 20 %). 1994 brüteten ca. 7.600-12.100 BP in der Bundesrepublik (WITT et al. 1996). Die Bestände in Sachsen-Anhalt werden ebenfalls als konstant eingeschätzt (DORNBUSCH 1999). Im Jahr 2015 gab es im Bundesland 2.500 – 3.500 BP.
Gefährdung und Schutz
Forstwirtschaftliche Maßnahmen wie kurze Umtriebszeiten, Entnahme von Tot- und Altholzbeständen und die Umwandlung von Laub- in Nadelwälder, die Zerstörung der Hartholzauen und ein veränderter Obstanbau verbunden mit dem Verlust alter Obstanlagen, mit Biozideinsatz und der Pflanzung von Niederstammobst tragen zur Einengung des Lebensraumes und damit zu Bestandsrückgängen der Art bei. Diese werden möglicherweise auch durch klimatische Veränderungen verursacht (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982, HÖLZINGER 1987). Dem Schutz des Mittelspechts dient die Erhaltung großflächiger Auenwälder und reich strukturierter, alter Eichenwälder. Die Umtriebszeiten von Eiche und Buche müssen in ausgewählten Gebieten wesentlich erhöht bzw. Totalreservate mit Urwaldcharakter eingerichtet werden. Altholzbestände werden nur dauerhaft besiedelt, wenn sie ausreichend groß und mit anderen geeigneten Biotopstrukturen verbunden sind. Wichtig sind die Erhaltung und die Pflege extensiv genutzter Streuobstbestände (BAUER & BERTHOLD 1997, BAUER & THIELKE 1982).
Rote Liste Deutschland: Ungefährdet (6. Fassung, Stand Juni 2021)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: Ungefährdet (3. Fassung, Stand November 2017)
Literatur/Links
Link zur Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.