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Quendel-Ameisenbläuling (Maculinea arion)

Beschreibung

Dieser größte mitteleuropäische Bläuling besitzt eine Vorderflügellänge bis 2,2 cm. Die Flügeloberseite ist leuchtend blau mit breiter schwarz-brauner Randbinde, die Fransen sind weiß. Auf den Vorderflügeln ist die Postdiskalreihe schwarzer, länglicher Flecke meist gut ausgebildet, aber sehr veränderlich. Auch auf den Hinterflügeln ist die Postdiskalreihe sehr veränderlich, die einzelnen Flecken sind verhältnismäßig klein. Die Unterseite der Flügel ist grau bis graubraun mit gut entwickelten schwarzen, weiß geringten Flecken, die Fransen sind gescheckt. Auf den Hinterflügeln ist eine meist kräftige, ausgedehnte blaugrüne Basalbestäubung. Die Weibchen sind den Männchen ähnlich, die schwarzen Postdiskalflecken sind in der Regel größer. Die Art ändert in der blauen Grundfarbe der Oberseite, der Zeichnung und der Größe ab. Die Zahl und Größe der Bogenflecken und die Saumbreite der Vorderflügeloberseite zeigt z.T. erhebliche Veränderungen, die nach BERGMANN (1952) „... offenbar zu den Witterungsverhältnissen und der Bodenfeuchtigkeit während der Entwicklung aus der Puppe in gesetzmäßiger Beziehung stehen.“

Biologie und Ökologie

Die Art ist einbrütig. Sie gehört zu den „Ameisen-Bläulingen“, sie sind myrmekophil („mit Ameisen befreundet“). Die Anzahl der im Habitat vorhandenen Ameisennester limitiert die Anzahl der Falter. Das Weibchen legt 200 bis 300 Eier einzeln an den Blüten- und Kelchblättern von Thymian-Arten (Thymus spp.) und Gemeinem Dost (Origanum vulgare) ab. Genauere Beobachtungen liegen hierzu aus Sachsen-Anhalt nicht vor. Nach den Flugstellen der Falter zu urteilen, dürften im Norden des Landes der Sand-Thymian (Thymus serpyllum) und im Süden der frühblühende Thymian (Thymus praecox) die wichtigste Rolle spielen. Nach acht Tagen schlüpfen die Raupen. Sie fressen oligophag an Blüten und Früchten von Thymian und Dost. Nach SETTELE et al. (1999) wurde bei sehr jungen Raupen Kannibalismus beobachtet. Im Herbst lässt sich die Raupe von der Pflanze fallen und wird von Ameisen (Myrmica sabuleti) in deren Nester eingetragen. Die Raupen leben im Ameisenbau parasitisch und fressen die Larven und Puppen der Ameisen. Die Überwinterung erfolgt im vierten Larvalstadium. Im Frühjahr wächst dann die Raupe schnell heran. Die Verpuppung findet im Frühjahr innerhalb der Ameisennester statt, nach vier Wochen schlüpft der Falter. Die Entwicklung dauert etwa 330 Tage (SETTELE et al. 1999). Der Falter fliegt von Ende Juni bis Mitte August (WEIDEMANN 1995) und lebt durchschnittlich zwölf Tage. Auffällig ist für unsere Region, dass die überwiegende Zahl der Falterfunde in der Gegend von Naumburg für Anfang Juni gemeldet wurde. Schon BERGMANN (1952) weist auf diesen Zeitpunkt hin und in den Jahren bis 1983 wurde diese Beobachtung ebenfalls gemacht. Die Art ist recht standorttreu. Bei den Männchen ist ein Patrouillenflug zu beobachten. Die Populationsdichte ist niedrig, da sich pro Ameisennest meistens nur eine der parasitischen Raupen findet. In kalten Jahren sinkt die Populationsstärke gegenüber warmen Jahren ab. Maculinea arion saugt bevorzugt an blauvioletten Blüten. Die wichtigsten Nektarpflanzen scheinen ebenfalls die Thymian-Arten zu sein, z.T. ergänzt durch den Gemeinen Dost. Der Falter ist ein Mono-Biotopbewohner. Sein Lebensraum sind xerotherme Standorte mit kurzrasigen, auch buschreichen Magerrasen (Silbergrasfluren, Sandtrockenrasen, Halbtrockenrasen, Kalktrockenrasen, Schafschwingelfluren) mit teilweise lückiger Vegetation (Störstellen, wie z.B. Maulwurfshügel) und guten Thymian-Beständen. Weiterhin werden lichte, blütenpflanzenreiche Kiefernwälder mit breiten Schneisen oder offenen Flächen mit größeren Beständen von Sand-Thymian besiedelt, selten auch Ruderalflächen mit Thymian-Beständen oder ältere Ackerbrachen. Dabei ist die lückige Struktur der Vegetation und nicht das Vorkommen einer bestimmten Thymianart entscheidend für die Habitateignung eines Standorts. Versaumende Halbtrockenrasen mit reichlichen Dost-Beständen werden – anders als z.B. im makroklimatisch stärker begünstigten Kaiserstuhl (Baden-Württemberg) – in Sachsen-Anhalt zumindest gegenwärtig nicht besiedelt.

Verbreitung

Maculinea arion ist von Westeuropa durch die gemäßigte Zone bis Ostasien verbreitet. Im Norden reicht das Areal bis Fennoskandien (ohne Norwegen), im Süden bis Italien und Korsika. Isolierte Vorkommen befinden sich auf der Iberischen Halbinsel und dem Balkan; im übrigen Mittelmeerraum fehlt die Art jedoch. In England ist die Art ausgestorben und wurde 1983 künstlich wieder angesiedelt. In Hamburg und Berlin wurde der Falter bisher nicht gefunden. Während in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen die letzten Beobachtungen vor 1980 bekannt wurden, gibt es aus den südlicher gelegenen Bundesländern Fundangaben nach 1980. Die Art ist in der Ebene und im Bergland bis zu einer Höhe von 800 m ü.NN zu finden.

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Im Land waren ursprünglich ca. 40 Flugstellen (58 Nachweise) bekannt. Leider muss festgestellt werden, dass Maculinea arion nach 1980 nur noch an drei Flugstellen beobachtet wurde. Die Beobachtungsdaten aus der Altmark, der Colbitz-Letzlinger Heide, der Mosigkauer Heide und von Klöden liegen alle vor dem Jahr 1970. Im Harz und im südöstlichen Harzvorland kommen die letzten Fundmeldungen ebenfalls aus der Zeit vor 1970, jedoch auf dem Öhlertsberg bei Huy-Neinstedt im Kreis Halberstadt konnten die .alter noch bis 1978 beobachtet werden. Aktuelle .Fundangaben gibt es nur noch aus den Jahren 1990 und 2001 für das NSG Schmoner Busch, Spielberger Höhe und Elsloch südlich Querfurt und eine schon ältere Angabe von 1983 aus dem NSG Tote Täler bei Naumburg. Aus diesem Gebiet kamen in der Vergangenheit fast ein Drittel aller Fundmeldungen für das Land Sachsen-Anhalt.

Gefährdung und Schutz

Die Schutzmaßnahmen für Maculinea arion müssen die Habitatansprüche der Ameisen mit einbeziehen, da das Vorhandensein der Wirtsameisen in ausreichender Dichte Voraussetzung für die Entwicklung des Falters ist. Häufig reagieren die Wirtsameisen empfindlicher als die Raupenfraßpflanzen, z.B. schon auf eine geringe Zunahme der Vegetationshöhe. Die Gefährdung resultiert hauptsächlich aus der Sukzession von Magerrasen infolge Nutzungsauflassung und Eutrophierung (Vegetationsverdichtung, Verbuschung). Zu einem Rückgang der Nahrungspflanzen und der Ameisennester oder zur weitgehenden Biotopzerstörung kann auch Überweidung, Herbizideinsatz, Aufforstung und Überbauung führen. Zum Schutz der Art sind xerotherme Magerrasen zu erhalten. Konkret bedeutet dies z.B. die Entfernung von Aufforstungsflächen, die Entbuschung und Erhaltung von Magerrasen durch Beweidung oder Mahd (teils intensiv, teils extensiv) oder den Erhalt von Störstellen mit Thymian-Beständen (trockene Wegstellen, Hanganrissstellen, Schotterflächen etc.).

Rote Liste Deutschland:                    3 – Gefährdet (Stand 2011)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               1 – Vom Aussterben bedroht (Stand 2004)

Literatur/Links

Link zur Literaturliste (als PDF, nicht barrierefrei)

entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 142 S.