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Colbitz-Letzlinger Heide

Größe [ha]: 19.369
Codierung: FFH0235
Landkreise und kreisfreie Städte: Börde; Altmarkkreis Salzwedel; Stendal
Verwaltungseinheiten: Verbandsgemeinde Elbe-Heide; Einheitsgemeinde Hansestadt Stendal; Einheitsgemeinde Niedere Börde; Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte; Einheitsgemeinde Hansestadt Gardelegen; Einheitsgemeinde Stadt Haldensleben

Gebietsbeschreibung

Die großflächige Colbitz-Letzlinger Heide in der Landschaft der „Altmarkheiden“ erstreckt sich von ihrer Südspitze nördlich Hillersleben bei Haldensleben bis zur Eisenbahnlinie Wolfsburg-Stendal im Norden. Das FFH-Gebiet erfasst das größte zusammenhängende und unzerschnittene Heidegebiet Mitteleuropas. In den Jahrzehnten der DDR war auf 40 km Länge keine Ost-West-Querung der Heide möglich. Erst seit 2004 gibt es eine öffentlich nutzbare Straßenverbindung von der Bundesstraße 189 bei Colbitz zur Bundesstraße 71 bei Hütten. Die Colbitz-Letzlinger Heide war als großflächiges Areal mit alten Eichen-Wäldern Jagdgebiet des deutschen Kaisers. Die Erschließung für die militärische Nutzung erfolgte ab 1934. Die damals in dem Gebiet gelegenen Dörfer Schnöggersbusch, Salchau und Paxförde wurden 1936 abgebrochen und beräumt. Zunächst wurde eine Schießschneise zur Erprobung von Artilleriewaffen angelegt. Zwischen 1945 bis 1994 waren hier Truppen der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland bzw. der Westgruppe der Streitkräfte der GUS stationiert. Der Übungsbetrieb führte zu großflächigen Entwaldungen. Ständige Flächenbrände förderten die Ansiedlung und Ausbreitung der Heide-Vegetation. Durch Befahren und Lagern in den Wäldern erhielten oder bildeten sich lockere Strukturen mit Altbäumen heraus, die strukturell den Hutewäldern glichen. Ab 1994 übernahm die Bundeswehr den Truppenübungsplatz und setzte die militärische Nutzung fort.

Lebensraumtypen und Flora

Das Gebiet wird von ausgedehnten Flächen des FFH-LRT 4030 Trockene europäische Heiden (ca. 4500 ha) geprägt. Dazwischen liegen mosaikartig die Bestände des FFH-LRT 2330 Dünen mit offenen Grasflächen (ca. 150 ha) und des FFH-LRT 2310 Dünen mit Heidekraut und Ginsterheiden (ca. 20 ha). Das Auftreten basiphiler Arten, wie Berghaarstrang (Peucedanum oreselinum) deuten auf das Vorkommen des LRT 6120* Kalkreiche Sandrasen (< 5 ha) hin. Größere Bereiche des Offenlandes befinden sich gegenwärtig in Sukzession zu Birken-Pionierwäldern.

Feuchte Stellen und die Gewässer begleitend ist der FFH-LRT 6430 Feuchte Hochstaudenfluren (ca. 30 ha) ausgebildet. Im Süden des Gebietes haben sich Reste oligo- bis mesotrophen Grünlandes erhalten, die dem FFH-LRT 6410 Pfeifengraswiesen (ca. 3 ha) zugeordnet werden können. Bemerkenswert sind hier Populationen der Sibirischen Schwertlilie (Iris sibirica) und des Breitblättrigen Knabenkrautes (Dactylorhiza majalis).

Die Wälder des Gebietes werden insbesondere durch die großflächigen Ausbildungen des FFH-LRT 9190 Eichenwälder auf Sandebenen (ca. 1350 ha) charakterisiert. Es sind z. T. alte Bestände mit mächtigen Eichen, die wertvolle Biotopbäume darstellen. Problematisch ist das zunehmende Auftreten der Späten Traubenkirsche (Prunus serotina). Auf ärmeren Sandstandorten stockt ebenfalls der FFH-LRT 9110 Hainsimsen-Buchenwald (ca. 50 ha). Reichere Standorte werden vom FFH-LRT 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (ca. 80 ha) besiedelt.

Fauna

Auf den weiten, offenen Flächen des Truppenübungsplatzes mit den in Randlage stockenden Wäldern hat sich ein Wolfsrudel (Canis lupus) angesiedelt.
Auf Grund der Größe und der nutzungsbedingten Strukturvielfalt des Gebietes ist hier eine artenreiche Fledermausfauna anzutreffen. Mops- und Bechsteinfledermaus (Barbastella barbastellus, Myotis bechsteinii) bilden Wochenstubengesellschaften im Gebiet. Das Große Mausohr (Myotis myotis) frequentiert dieses hauptsächlich zur Nahrungssuche. Daneben konnten zwölf weitere Arten nachgewiesen werden. Für Brandt-, Bart-, Fransen- und Zwergfledermaus (Myotis brandtii, M. mystacinus, M. nattereri, Pipistrellus pipistrellus) sowie Braunes Langohr (Plecotus auritus), Großen und Kleinabendsegler (Nyctalus noctula, N. leisleri) konnten ebenfalls eindeutige Hinweise auf Reproduktion im Gebiet erbracht werden. Rauhaut-, Mücken-, Wasser- und Breitflügelfledermaus (Pipistrellus nathusii, P. pygmaeus, Myotis daubentonii, Eptesicus serotinus) sowie das Graue Langohr (Plecotus austriacus) nutzen das Gebiet zumindest als Jagdhabitat.

Die offenen, trockenen Habitate des Truppenübungsplatzes werden von der Zauneidechse (Lacerta agilis) besiedelt, neben der auch die Schlingnatter (Coronella austriaca) als Prädator auftritt.

In den vorhandenen Kleingewässern ist von den Lurchen zur Fortpflanzungszeit im Frühjahr der Kammmolch (Triturus cristatus) in aktuell zehn Vorkommen zu finden. Die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), die in den sandigen Böden geeignetes Substrat für ihre verborgene Lebensweise findet, nutzt diese Gewässer ebenso zum Laichen wie die Kreuzkröte (Bufo calamita), die hier häufig auftritt. In temporären Gewässern auf Fahrwegen erfolgten sieben Neunachweise der Art. Weiterhin gibt es sieben Vorkommen des Laubfrosches (Hyla arborea) und sechs Vorkommen des Kleinen Wasserfrosches (Rana lessonae) in Weihern am Waldrand. Auch der Moorfrosch (Rana arvalis) wurde festgestellt.
Eremit (Osmoderma eremita), Heldbock (Cerambyx cerdo) und Hirschkäfer (Lucanus cervus) finden in den Alteichen hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten. Besonders im Südteil des Gebietes konzentrieren sich die Vorkommen. Mitunter entwickeln sich alle drei Arten in einer Alteiche. Das FFH-Gebiet bildet ein Schwerpunktvorkommen für diese Arten in Sachsen-Anhalt. Vom Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) gibt es Belege aus dem Jahre 1925. Seit dem wurden keine weiteren Funde bekannt. Die Art scheint im Gebiet nicht mehr vorhanden zu sein. Bedingt durch die zahlreichen Alteichen-Bestände wurden eine Reihe weiterer seltener Arten gemeldet, u. a. der Reglose Furchenbrustrüssler (Camptorhinus statua) und der Sägehörnige Langhorn-Pflanzenkäfer (Pseudocistela ceramboides).

Das EU SPA besitzt große Wertigkeit für zahlreiche Brutvögel. Die weiten, waldfreien Flächen mit teils offenen Sandheiden im Zentrum des Gebietes im Wechsel mit ausgedehnten Gehölzsukzessionsstadien bieten vor allem dem Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) geeignete Lebensräume, der hier für Deutschland bedeutsame Bestände erreicht. Auch Heidelerche (Lullula arborea), Brachpieper (Anthus campestris) und Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) finden besonders günstige Bedingungen, so dass von diesen Arten Bestände mit landesweiter Bedeutung vorkommen. Das Nahrungsangebot der Offenlebensräume ist für den Wiedehopf (Upupa epops) bedeutsam und seit dem Ausbringen geeigneter Nisthilfen steigt die Zahl der Brutvögel kontinuierlich an. Die Blauracke (Coracias garrulus) brütete 1989 letztmalig erfolgreich im Gebiet. Daneben siedeln Raubwürger (Lanius excubitor), Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) und Ortolan (Emberiza hortulana) in bedeutender Zahl im Gebiet. Die Colbitz-Letzlinger Heide stellt innerhalb Sachsen-Anhalts ein Dichtezentrum des Raufußkauzes (Aegolius funereus) dar, der hier vor allem Altkiefernbestände bewohnt. Die Population des Birkhuhnes (Tetrao tetrix) ist gegen Ende der 1990er Jahren offenbar erloschen.

Links/Dokumente

Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei)
15, 37, 65, 264, 279, 303, 366, 494
 verändert nach:
Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

Hauptteil (N2000-LVO LSA) (PDF, nicht barrierefrei)
Gebietsbezogene Anlage (N2000-LVO) (PDF, nicht barrierefrei)
Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (PDF, nicht barrierefrei)

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.

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