Kleines Sumpfhuhn (Porzana parva)
Verbreitung
Das Kleine Sumpfhuhn ist hauptsächlich Brutvogel der westpaläarktischen Steppengebiete. Das geschlossene Areal reicht von der Kulundasteppe im Altaivorland bis in die polnische und ungarische Tiefebene. Westlich davon ist die Rallenart wegen ihrer spezifischen Habitatansprüche sehr selten und sehr lückenhaft verbreitet. Ohne die russischen Bestände werden für Europa grob 16.300-20.200 BP geschätzt. Nur aus Russland, Österreich, Rumänien, Weißrussland und der Ukraine werden mehr als 1.000 BP gemeldet. Das Kleine Sumpfhuhn fehlt auf den Britischen Inseln, in Island und in Norwegen. Die Vorkommen in Estland, Schweden und Finnland entwickelten sich erst im 20. Jahrhundert (GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973, DVORAK & KOSKIMIES in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Deutschland liegt an der westlichen Grenze des geschlossenen Verbreitungsgebietes, sodass nur kleine, isolierte Vorkommen festgestellt werden konnten, wobei viele BP der schwer nachweisbaren Art sicher unbemerkt blieben (RHEINWALD 1993). Der gegenwärtige Verbreitungsschwerpunkt liegt in Nordost-Brandenburg, wo die Art allerdings auch intensiv untersucht wird (MÄDLOW & MODEL 2000). Die Verbreitungskarten von NICOLAI (1993a) und GNIELKA & ZAUMSEIL (1997) zeigen für das Gebiet von Sachsen-Anhalt nur wenige Nachweise möglicher bzw. wahrscheinlicher BP, hauptsächlich in den Niederungsbereichen von Elbe, Havel und Fuhne. Brutnachweise sind selten und gelangen in den 1990er Jahren nur in den Schilfgebieten des Salzigen Sees 1995/96 (STENZEL in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997).
Ökologie und Zugstrategie
Im Gegensatz zum Tüpfelsumpfhuhn besiedelt das Kleine Sumpfhuhn tiefer unter Wasser stehende Verlandungsgesellschaften. Es ist an stärker strukturierte Habitate angepasst und reagiert weniger empfindlich auf Wasserstandsschwankungen. Die Art brütet hauptsächlich in mehrjährigen wasserwärtigen Schilf- und Rohrkolbenröhrichten mit kleineren, gut gedeckten Wasser- und Schlickflächen und Lagen umgeknickter Schilfhalme. Außerhalb der Brutzeit werden Habitate aufgesucht, die auch das Tüpfelsumpfhuhn nutzt (BAUER & BERTHOLD 1997, GLUTZ VON BLOTZHEIM et al. 1973). Das Kleine Sumpfhuhn zählt zu den Mittel- und Langstreckenziehern. Die Winterquartiere liegen in Südwest-Europa, im Mittelmeerraum, in Ostafrika und in Vorderasien. Einzelne Winternachweise stammen auch aus Mitteleuropa, Westafrika und Indien. Die Rallenart beginnt Ende August/September mit dem Abzug aus den Brutgebieten und findet sich in Mitteleuropa erst ab April wieder ein (BEZZEL 1985).
Bestandsentwicklung
Auch bei dieser Rallenart ist der Kenntnisstand über Bestandsveränderungen unzureichend. Im Zuge der Kartierungsarbeiten zum europäischen Brutvogelatlas wurden aus zwölf der vierundzwanzig Staaten mit regelmäßigen Brutvorkommen Abnahmen gemeldet, u.a. aus der Ukraine, aus Rumänien, Moldawien, Kroatien und aus der Slowakei. Die Bestände in Österreich (Neusiedler See), Ungarn und Polen werden als stabil bezeichnet (DVORAK & KOSKIMIES in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Nach Bestandsschätzungen von RHEINWALD (1993) brüteten in den 1980er Jahren in Deutschland ungefähr 130 BP. WITT et al. (1996) geben für das Jahr 1994 bei gleichbleibender Bestandsentwicklung 35-85 BP an. Der Gesamtbestand in Deutschland vergrößerte sich zwischen 2005 und 2009 auf 160 – 250 BP, so dass es in der RL DEU in der Gefährdung um zwei Stufen herabgesetzt wurde. In Sachsen-Anhalt ist das Kleine Sumpfhuhn ein sehr seltener Brutvogel, dessen Bestände um mehr als 20 % abgenommen haben (DORNBUSCH 1999). Auch 2015 wurden nur 0 – 5 BP gezählt.
Gefährdung und Schutz
Grundwasserabsenkungen, Entwässerung und Beeinträchtigungen der Ufervegetation zerstören die Feuchtlebensräume der Rallenart. Häufiges Mähen und Abbrennen sowie Übernutzung von Schilfgebieten durch Freizeitakivitäten entwerten dieses bevorzugte Habitat genauso wie der Rückgang der Schilfbestände durch Eutrophierung und Gewässerverschmutzung. Unfallgefahren an Freileitungen bestehen ebenso wie beim Tüpfelsumpfhuhn. Zum Schutz der Art müssen großflächige, ungestörte Altschilfbereiche erhalten werden (BAUER & BERTHOLD 1997).
Rote Liste Deutschland: 3 – Gefährdet (6. Fassung, Stand Juni 2021)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: 1 – Vom Aussterben bedroht (3. Fassung, Stand November 2017)
Literatur/Links
Link zur Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.