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Große Bartfledermaus (Myotis brandtii)

Beschreibung

Die Große Bartfledermaus (Myotis brandtii) ist eine Glattnasenfledermaus, deren Körpermasse zwischen 4,3 – 9,5 g schwankt. Erwachsene Tiere erreichen Unterarmlängen zwischen 3,3 – 3,9 cm (SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Die Große Bartfledermaus wird erst seit den 1960er Jahren von der Kleinen Bartfledermaus (Myotis mystacinus) unterschieden. Myotis brandtii ist gekennzeichnet durch ein hellbraunes meist golden glänzendes Fell auf der Körperoberseite, die Unterseite ist meist hellgrau. Schnauze, Ohren und Flughäute sind mittel- bis hellbraun. Wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur ähnlichen Schwesternart Kleine Bartfledermaus ist bei den Männchen die Form des Penis, der bei erwachsenen Tieren keulig verdickt ist. Für beide Geschlechter kann zur Bestimmung der Nebenhöcker im Ober- und Unterkiefer am P3 herangezogen werden, der höher als oder gleichhoch wie P2 ist und P2 ist nicht deutlich kleiner als P1 (SCHOBER & GRIMMBERGER 1998).

Biologie und Ökologie

Als geeignetes Nahrungshabitat im Sommerlebensraum geben viele Autoren für die Große Bartfledermaus mückenreiche feuchte Wälder, Auenwälder und Wälder mit stehenden Gewässern an (FORCH 1994, OHLENDORF & OHLENDORF 1997, SCHOBER & GRIMMBERGER 1998 u.a.). In Gebäudequartieren wird sie im Sommer wesentlich seltener angetroffen als die Kleine Bartfledermaus. Die Reproduktionsquartiere befinden sich in Gebäuden hinter Fensterläden und Holzverschalungen, auf Dachböden, in Baumhöhlen oder in Fledermaus-Flachkästen. Jungtiere reproduzieren erst im zweiten bzw. im dritten Jahr (OHLENDORF & HECHT 2001). Die Winterquartiere sind in erster Linie in unterirdischen Objekten wie Stollen, Höhlen, alten Bergwerken, Bunkern u.a. zu suchen. Viele der Bartfledermäuse des Harz-Vorlandes und angrenzender Bereiche überwintern in den unterirdischen Objekten des Harzes. Es werden aber auch Keller von Gebäuden genutzt. Ende Juli bis Mitte August schwärmen die Tiere in großer Anzahl an den großen Naturhöhlen des Harzes (Rübeland und Südharz) (OHLENDORF 2003). Die Große Bartfledermaus kann als wanderfähige Art eingeschätzt werden, zwischen Reproduktionsquartier und Winterquartier können Entfernungen bis zu 300 km zurückgelegt werden (OHLENDORF unpubliziert). Das Nahrungsspektrum der Art umfasst Schmetterlinge (Lepidoptera), Schnaken und andere Zweiflügler (Diptera) sowie Spinnen (Arachnida) (SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Individuen der Art können mit bis zu knapp 40 Jahren sehr alt werden (ACHRITANKOW & OWODOW 2001).

Verbreitung

Der Grund für die nur lückenhafte Kenntnis über die Verbreitung der Art ist die schwierige Bestimmung. Nach NIETHAMMER & KRAPP (2001) geht das Verbreitungsareal in Mitteleuropa bis zu den Karpaten – in den Randgebieten (Frankreich, westliches und südliches Europa) existieren nur Einzeltierfunde. Für folgende Bereiche von NE bis SW existieren Nachweise: Baltikum, Skandinavien, Osteuropa, Deutschland, Südosteuropa, Balkan, Westeuropa (Niederlande, Belgien, Frankreich), Österreich, Schweiz und Großbritannien. In Deutschland ist die Große Bartfledermaus in fast allen Bundesländern nachgewiesen, es sind aber noch keine gesicherten Angaben zum genauen Status und der Bestandsentwicklung möglich (BOYE et al. 1999).

Bestandssituation in Sachsen-Anhalt

Die Große Bartfledermaus kommt in den mückenreichen Regionen des Tieflandes in Wäldern mit oder in der Nähe von Gewässern vor. Auch im Harz ist sie in den Flusstälern anzutreffen. Die Winterquartiere befinden sich fast ausschließlich im Harz. Aus den Kellern und Bunkeranlagen im Tiefland sind keine bzw. nur selten Überwinterungen bekannt. Die aktuelle Verbreitung der Reproduktionsquartiere ist bei OHLENDORF & HECHT (2001) dargestellt. Aufgrund des guten Bearbeitungsstandes in unserem Land empfahl das Bundesamt für Naturschutz Sachsen-Anhalt als Referenzland für die Art. Auf der Grundlage der seit 1996 in einem Langzeitmonitoring erhobenen Daten in Reproduktions- und Winterquartieren kann der Bestand als stabil eingeschätzt werden.

Gefährdung und Schutz

Große Bartfledermäuse leben bevorzugt in höhlenreichen Erlenbruchwäldern. Diese Wälder sind, wie im Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) Elbe dargestellt (OHLENDORF 2001), durch Grundwasserabsenkungen oder durch Holzeinschlag gefährdet. Im Harz wurden mit der schrittweisen Umsetzung des ABSP Harz (OHLENDORF 1997) wertvolle Felsquartiere mit fledermausfreundlichen Verschlüssen gesichert. An vier Großhöhlen in Rübeland wurden die Einflugmöglichkeiten geändert, da hier Beutegreifer wie Hauskatze, Steinmarder und Waschbär Fledermäuse leicht erbeuten konnten. Im Siedlungsbereich ist die Art besonders durch Umbaumaßnahmen in und an Gebäuden gefährdet. So verändert sich z. B. mit dem Verlust von Fensterläden die Chiropterenzönose erheblich (OHLENDORF & OHLENDORF 1996). Es entsteht ein Quartiermangel. Alle in und an Fassaden lebenden Fledermausarten sind akut gefährdet, wenn die Quartiere vor Baumaßnahmen nicht bekannt sind. Es empfiehlt sich, mit den Eigentümern von relevanten Gebäuden vor den Baumaßnahmen Kompromisse zu schließen. Durch Anbringen von „Fledermausbrettern“ an Fassaden ist z. B. die Möglichkeit gegeben, den Quartiernotstand zu mildern.

Rote Liste Deutschland:                    V – Art der Vorwarnliste (Stand 2009)

Rote Liste Sachsen-Anhalt:               2 – Stark gefährdet (Stand 2004)

Literatur/Links

Link zur Literaturliste (als PDF, nicht barrierefrei)

entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 142 S.