Bachneunauge (Lampetra planeri)
Beschreibung
Das Bachneunauge zählt zur Familie der Petromyzionidae (Neunaugen). Es ist kein echter Fisch, sondern gehört zur Klasse der Rundmäuler (Cyclostomata). Der Körper ist aalähnlich, bleistiftdick und besitzt zwei miteinander verbundene Rückenflossen (GEBHARDT & NESS 1997, MUUS & DAHLSTRÖM 1993). Es ist durch ein scheibenförmiges Saugmaul mit Hornzähnchen gekennzeichnet.
Biologie und Ökologie
Das Bachneunauge ist oft zusammen mit der Bachforelle als Begleitfischart anzutreffen. Es lebt stationär und versteckt im Oberlauf von klaren, sauerstoffreichen Bächen und kleinen Flüssen sowie in durchströmten Seen mit Feinsand. Die Art kommt sowohl im Mittelgebirge als auch in den Niederungen vor. Mitunter werden auch noch kleinste Bäche mit geringer Wasserführung besiedelt. Die Wohngewässer müssen sowohl feinsandige bis torfige Sedimentbereiche mit schwachen, nährstoffreichen Schlammauflagen als auch grobkiesige und steinige Strecken, also insgesamt eine hohe Strukturdiversität aufweisen. Das Bachneunauge lebt als nichtparasitärer Standfisch in kleinen Gewässern (STEINBACH 1984). Die Tiere laichen von März bis Juni in flachen strömenden Bereichen an sandigkiesigen Stellen und sterben dann ab. Die Larvenzeit dauert in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme 3 – 4 Jahre, die Larven (Querder) leben vergraben im Schlamm und Sand und ernähren sich von Algen und Kleinsttieren aller Art. Die Umwandlung zum erwachsenen Tier beginnt im Spätsommer mit der Einstellung der Nahrungsaufnahme und ist mit dem Erreichen der Geschlechtsreife im nächsten Frühjahr abgeschlossen. Nach der Metamorphose werden bachaufwärts gerichtete Wanderungen durchgeführt.
Verbreitung
Das Bachneunauge kommt bzw. kam in den Bächen und Oberläufen der Flüsse großer Teile von West- und Mitteleuropa vor (STERBA 1959). Sein Verbreitungsgebiet überlappt mit dem des Flussneunauges, es kommt aber in Zentraleuropa weiter im Inland in den Oberläufen der Flüsse vor, welches das Flussneunauge nicht mehr besiedelt (HOLCIK 1986). Im südlichen Europa liegt seine Verbreitungsgrenze in Unteritalien. Es fehlt im äußersten Norden und auf dem Balkan. Im Osten ist es bevorzugt in der Wolga zu finden (LELEK 1987). Bis auf wenige Teile im äußersten Süden und Norden des Landes kommt das Bachneunauge in ganz Deutschland vor.
Bestandssituation in Sachsen-Anhalt
Für das Bachneunauge befindet sich der Verbreitungsschwerpunkt im Land Sachsen-Anhalt im Harz, besonders im Mittel- und Unterharz. Der Harz kann als Refugialgebiet dieser Art betrachtet werden, weshalb hier der Schutz besonders wichtig ist. Früher war das Bachneunauge in den meisten Bächen und Flüssen der Forellenregionen sowohl des Harzes als auch der Niederungen des Landes Sachsen-Anhalt verbreitet. Heute ist es in den meist durchgängig begradigten Bachläufen weiter Gebiete unseres Landes durch gravierende Bestandseinbrüche großflächig verschwunden. Nur in einigen wenigen, gering anthropogen beeinflussten Bachsystemen wie u.a. dem Selke-, Wipper- und Bodesystem konnten sich bis jetzt Populationen halten. Weitere größere Vorkommen sind aus den Bachsystemen der Landschaftseinheiten Roßlau-Wittenberger Vorfläming, den Altmarkplatten und -heiden, der Dübener Heide und der Helmeniederung bekannt.
Gefährdung und Schutz
Die Hauptgefährdungsursachen für diese Art sind vorrangig die Bachbegradigungen, die großflächigen Entwässerungsmaßnahmen der Vergangenheit (Verlust an potenziellen Lebensräumen) und die negativen Veränderungen der Wasserbeschaffenheit. Letzteres wirkt sich hauptsächlich auf die im Sediment lebenden Larven aus. Diese sind prädestiniert für eine Schadstoffakkumulation. Gegenwärtig stellen die von den Boden- und Wasserverbänden durchgeführten üblichen Gewässerunterhaltungsmaßnahmen, bei denen das Bodensubstrat mit Feinsediment aus den Gräben und Bächen entfernt und damit die Querder vernichtet werden, die Hauptgefährdungsursache dar. Querverbauungen geringster Art (ab 10 cm Höhe) sind bereits Aufstiegshindernisse (Migrationsbarrieren). Eine weitere, an Bedeutung gewinnende Gefährdung geht von dem angelsportlich motivierten Besatz der Bäche mit den Fremdfischarten Regenbogenforelle und Bachsaibling aus. Als wichtigste Schutzmaßnahme für den Erhalt des Bachneunauges ist der Verzicht auf jegliche Gewässerausbaumaßnahmen in den wenigen noch intakten Salmonidenflüssen und Bächen in Sachsen-Anhalt anzusehen. Zusätzlich sollten alle Aufstiegshindernisse und Querverbauungen beseitigt werden. Ein weiterer Schutzaspekt ist die Verbesserung der Wassergüte durch Verringerung der Abwasserbelastungen.
Rote Liste Deutschland: 2 – Stark gefährdet (Stand 2009)
Rote Liste Sachsen-Anhalt: 2 – Stark gefährdet (Stand 2004)
Literatur/Links
Link zur Literaturliste (als PDF, nicht barrierefrei)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2004): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Tier- und Pflanzenarten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 152 S.