Schwarzstorch (Ciconia nigra)
Verbreitung
Das Brutareal der Art erstreckt sich von Mitteleuropa (Frankreich) bis nach Ostasien und Sachalin. Das eurasische Verbreitungsgebiet liegt zwischen 30 ° und 61 ° nördlicher Breite und erreicht in Ostsibirien 63 °N. Davon isoliert befindet sich je ein Brutvorkommen auf der westlichen Iberischen Halbinsel und im südlichen Afrika (BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1987, SACKL & STRAZDS in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Die größten Bestände in Deutschland werden gegenwärtig aus den Bundesländern Niedersachsen, Brandenburg und Bayern gemeldet (DORNBUSCH 2000a, MÄDLOW & MODEL 2000). Die Brutvorkommen in Sachsen-Anhalt konzentrieren sich auf den Südharz, das nordwestliche Flämingvorland, den Elbe-Havel-Winkel, den Drömling und auf ausgedehnte Waldgebiete wie z.B. die Elbeaue, die Annaburger und die Dübener Heide (DORNBUSCH 1995, DORNBUSCH in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997).
Ökologie und Zugstrategie
Der Schwarzstorch bevorzugt in Mitteleuropa als Bruthabitat urwüchsige Laub-, Nadel- und Mischwälder, die Feuchtwiesen, Sümpfe, Bäche, Gräben bzw. stehende Gewässer enthalten oder an diese grenzen. Die Nahrungssuche erfolgt hauptsächlich an Waldbächen und Wassergräben. Die Art ist im Brutrevier meist sehr störungsempfindlich. Die Horste werden in ruhigen Altholzbeständen errichtet, häufig werden Wechsel- und Ausweichhorste angelegt. Ein Horsten auf Felsen wird hauptsächlich in den bergigen und waldarmen Regionen Asiens, Süd- und Zentraleuropas festgestellt (BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1987, SACKL & STRAZDS in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). Die europäische Population überwintert in Ostafrika und im tropischen Westafrika, die asiatische in Indien. Einige Standvögel überwintern auch in Spanien und Südost-Europa (VAN DEN BOSSCHE 1996, FERRERO 1996, SNOW et al. 1998). Das Mittelmeer wird im Schmalfrontzug über Gibraltar und den Bosporus umgangen bzw. bei Malta und im ägäischen Raum gequert. Die Zugscheide liegt im Vergleich zum Weißstorch weiter östlich (Odergebiet). Der Abzug aus Mitteleuropa erfolgt von Anfang August bis September, die Ankunft wird von Ende März bis Mitte April registriert (BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1987, BEZZEL 1985).
Bestandsentwicklung
Ab der Mitte des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zu großräumigen Bestandsrückgängen und zum Aussterben des Schwarzstorches in einigen europäischen Ländern. Seit den 1930er Jahren sind eine Bestandszunahme der Art und die Wiederbesiedlung ehemaliger Brutgebiete zu verzeichnen. Die wichtigsten europäischen Brutgebiete sind gegenwärtig das nördliche Tiefland von Polen, Weißrussland und das Baltikum (BAUER & BERTHOLD 1997, SACKL & STRAZDS in HAGEMEIJER & BLAIR 1997). In Deutschland hat der Bestand seit 1970 um mehr als 50 % zugenommen. Für das Jahr 1994 werden bundesweit ca. 292 BP angegeben (WITT et al. 1996) für 2000 ca. 400 Revierpaare und ca. 10 Jahre später 650-750 BP. Nach dem Erlöschen des Schwarzstorchbestandes in Sachsen-Anhalt setzte die Wiederbesiedlung im Jahr 1952 mit einem Brutpaar ein. Von 1970 bis 1981 wuchs die Zahl von zwei auf zehn BP an, um bis 1989 auf 26 zu steigen. Bis Ende der 1980er Jahre brüteten 74 % aller Paare des Bundeslandes in Flachlandbereichen und 26 % im Harz. Durch die Aufgabe suboptimaler Flachlandbrutplätze kam es bis 1995 zur Bestandsabnahme und zur Verschiebung des Verhältnisses zwischen Tiefland- und Gebirgsbrütern (1995 ca. 1:1). Ende der 1990er Jahre brüteten wieder mehr als 65 % aller Paare im Flachland (DORNBUSCH in GNIELKA & ZAUMSEIL 1997, DORNBUSCH 2000a, b, 2002). Der Bestand hat sich bis zur Gegenwart im Bundesland auf 30 Reviere eingependelt.
Gefährdung und Schutz
Der Bestandsrückgang im 19. Jahrhundert wurde hauptsächlich durch die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft und eine intensive Verfolgung verursacht. Besonders negativ wirkten sich der Verlust von Horstbäumen, die Trockenlegung von Bruchwäldern und Feuchtwiesen sowie die Verschmutzung und der Ausbau von Fließgewässern aus. Gegenwärtig sind folgende Gefährdungsursachen zu nennen: weiterer Verlust von Nahrungshabitaten (besonders Feuchtgebiete), Zerschneidung und Verinselung ehemals ausgedehnter Wälder, Kollisionen an Nieder- und Mittelspannungsleitungen, anthropogene Störungen am Brutplatz, Jagd in den Durchzugs- und Überwinterungsgebieten und Pestizideinsatz (BAUER & BERTHOLD 1997, DORNBUSCH 2000a). Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen zählen die Erhaltung störungsarmer, großflächiger Waldgebiete mit den entsprechenden Still- und Fließgewässern sowie der Schutz von Feuchtgrünland. Der Schwarzstorch, als Art mit großen Raumansprüchen, muss mittels eines Netzwerkes geeigneter Brut- und Nahrungsgebiete geschützt werden. Das Erhalten genutzter und potenzieller Horstbäume (besonders Alteichen an Brüchen und Sümpfen) und die Einrichtung von ganzjährigen 100- bis 150-m-Horstschutzzonen ohne forstliche Eingriffe und einer auf die Brutzeit befristeten 300-m-Ruhezone dienen dem Schutz und der Beruhigung der Brutplätze. Dem gleichen Ziel dient die Ausweisung von Schon- und Bannwaldgebieten. Die Anlage flacher Teiche und die Renaturierung von Fließgewässern können das Nahrungsangebot verbessern. Weiterhin sind eine Minderung der Anflug- und Stromschlaggefahr an Freileitungen, die Einschränkung des Pestizideinsatzes, die Verhinderung der Bejagung und ein langfristiges Bestands- und Reproduktionsmonitoring zu fordern (BAUER & BERTHOLD 1997, DORNBUSCH 2000a, DORNBUSCH & DORNBUSCH 1994).
Rote Liste Deutschland: Ungefährdet
Rote Liste Sachsen-Anhalt: Ungefährdet
Literatur/Links
Link zur Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei)
entnommen aus:
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2003): Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt - Die Vogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im Land Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 223 S.