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Mittlere Oranienbaumer Heide

Größe [ha]: 2.025
Codierung: F168/S32
Landkreise und kreisfreie Städte: Wittenberg; Stadt Dessau-Roßlau
Verwaltungseinheiten: Einheitsgemeinde Stadt Dessau-Roßlau; Einheitsgemeinde Stadt Gräfenhainichen; Einheitsgemeinde Stadt Oranienbaum-Wörlitz

Gebietsbeschreibung

Das FFH-Gebiet liegt innerhalb eines ehemaligen Militärgebietes der sowjetischen bzw. der GUS-Streitkräfte. Rodungen, Brände und der Übungsbetrieb führten zur Zurückdrängung des Waldes. Es entstand eine artenreiche, offene Landschaft mit Heiden, kalkreichen Sandrasen, Pionierrasen auf Binnendünen und vegetationsfreien Flächen, die zu den Bemerkenswertesten ihrer Art in Sachsen-Anhalt gehört. Seit der Aufgabe der militärischen Nutzung im Jahr 1992 unterlagen große Teile der naturschutzfachlich wertvollen Heide- und Magerrasenkomplexe der natürlichen Sukzession, so dass das Gesamtarteninventar der Biotoptypen aktuell in hohem Maße durch Pionierwaldentwicklungen geprägt wird. Die randlich stockenden Waldbereiche werden durch Kiefern-Forste dominiert, in die verschiedene Laubgehölzarten eindringen. Naturräumlich befindet sich das Schutzgebiet in der „Dübener Heide“, an deren nördlichem Rand bereits die Niederterrassen des Mittelelbegebietes auftreten. Am südlichen Rand greift die „Tagebauregion Gräfenhainichen“ über. Ca. 72 % des Schutzgebietes sind Bestandteil des NSG „Oranienbaumer Heide“. Das gleichnamige Europäische Vogelschutzgebiet (EU SPA) „Mittlere Oranienbaumer Heide“ ist flächengleich mit dem FFH-Gebiet.

Lebensraumtypen und Flora

Die zentralen Bereiche der Oranienbaumer Heide werden von Zwergstrauchheiden besiedelt. Auf Grund der geologischen Bedingungen kommen im Gebiet der FFH-LRT 4030 Trockene Heiden (ca. 328 ha) und der FFH-LRT 2310 Dünen mit Heidekraut- und Ginsterheiden (ca. 10 ha) vor. Die Bestände sind in verschiedenen Altersstufen und in stark differierenden Verbuschungs- bzw. Vergrasungsstadien mit Hänge-Birke (Betula pendula), Zitter-Pappel (Populus tremula) und Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos) ausgeprägt. Als typische Arten können Besenheide (Calluna vulgaris), Pillen-Segge (Carex pilulifera), Dreizahn (Danthonia decumbens), Blutwurz (Potentilla erecta) und Behaarter Ginster (Genista pilosa) benannt werden. Dünen mit Heidekraut- und Ginsterheiden siedeln häufig in direkter Nachbarschaft zum FFH-LRT 2330 Dünen mit offenen Grasflächen (ca. 17 ha) mit den charakteristischen Arten Gewöhnliches Silbergras (Corynephorus canescens), Nelken-Haferschmiele (Aira caryophyllea), Sand-Segge (Carex arenaria), Zwerg-Filzkraut (Filago minima) und Triften-Knäuel (Scleranthus polycarpos). Für das Gebiet typisch ist des Weiteren eine enge Mosaikbildung zwischen den FFH-LRT 4030 Trockene Heiden und 6120* Kalkreiche Sandrasen (ca. 109 ha). Die Bestände des Letzteren werden durch die Charakterarten Zierliches Schillergras (Koeleria macrantha) und Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum) sowie von den selten vorkommenden Arten Hügel-Meier (Asperula cynanchica) und Zwerg-Schneckenklee (Medicago minima) gekennzeichnet. Weitaus häufiger sind Gemeine Grasnelke (Armeria elongata), Rispen-Flockenblume (Centaurea stoebe), Heide-Nelke (Dianthus deltoides), Rauhblatt-Schwingel (Festuca brevipila), Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium) und Knorpellattich (Chondrilla juncea).

Der am südwestlichen Rand des FFH-Gebietes verlaufende Sollnitzbach ist dem FFH-LRT 3260 Flüsse mit Wasservegetation (1 ha) zuzustellen. In den naturnahen Bachabschnitten kommen u. a. Berle (Berula erecta), Herbst-Wasserstern (Callitriche hermaphroditica), Wasserfeder (Hottonia palustris), Bachbunge (Veronica beccabunga), Krauses Laichkraut (Potamogeton crispus), Einfacher Igelkolben (Sparganium emersum) sowie Wasser- und Flutender Schwaden (Glyceria maxima, G. fluitans) vor.
Die Uferbereiche werden von Beständen des FFH-LRT 91E0* Erlen-Eschenwäldern, Röhrichten, Seggenriedern und dem FFH-LRT 6430 Feuchten Hochstaudenfluren (0,2 ha) besiedelt. Letzterer wird durch Arten wie Gemeiner Wasserdost (Eupatorium cannabinum), Zaun-Winde (Calystegia sepium), Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria), Bunter Hohlzahn (Galeopsis speciosa), Wasser-Schwertlilie (Iris pseudacorus), Wasser-Minze (Mentha aquatica), Blutweiderich (Lythrum salicaria) und Gemeiner Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris) charakterisiert.

Der Mochteich ist ein nährstoffarmes Stillgewässer mit Vorkommen der Armleuchteralgen Chara hispida und Ch. globularis und kann damit dem FFH-LRT 3140 Oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Gewässer mit Armleuchteralgen (1,1 ha) zugeordnet werden. Weitere Arten der Submersvegetation sind Spiegelndes, Kamm- und Stumpfblättriges Laichkraut (Potamogeton lucens, P. pectinatus, P. obtusifolius) sowie das Gemeine Hornblatt (Ceratophyllum demersum). An den periodisch trocken fallenden Ufern sind Strandlings- und Zwergbinsengesellschaften mit Braunem Zypergras (Cyperus fuscus), Sumpf-Ruhrkraut (Gnaphalium uliginosum) und Zwiebel-Binse (Juncus bulbosus) entwickelt, die zum FFH-LRT 3130 Oligo- bis mesotrophe saure Gewässer mit Strandlings- und Zwergbinsen-Gesellschaften (0,1 ha ) gehören. Bemerkenswert sind auch die Vorkommen von Später Gelb-Segge (Carex viridula), Wassernabel (Hydrocotyle vulgaris) und Niedrigem Fingerkraut (Potenilla supina).

Die etwas südlicher gelegene Mochwiese mit Vorkommen von Pfeifengras (Molinia caerulea) und Hunds-Veilchens (Viola canina) ist als verbrachte Ausbildung des FFH-LRT 6410 Pfeifengraswiesen (1,7 ha) anzusprechen. Hervorzuheben ist hier das Vorkommen der Kriech-Weide (Salix repens).

In der Niederung des Sollnitzbaches siedeln Bestände des FFH-LRT 91E0* Erlen-Eschenwälder (4 ha), die von der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) dominiert werden. In der Krautschicht sind u. a. Wasserdost (Eupatorium cannabinum), Hopfen (Humulus lupulus), Große Brennnessel (Urtica dioica) und Sumpf-Segge (Carex acutiformis) zu finden. Trockenere Standorte werden vom FFH-LRT 9160 Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald (8 ha) besiedelt. Die Bestände stocken am südwestlichen Rand des Schutzgebietes und beherbergen die charakteristischen Arten Wald-Ziest (Stachys sylvatica), Riesen-Schwingel (Festuca gigantea), Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum), Adlerfarn (Pteridium aquilinum), Echte Sternmiere (Stellaria holostea) und Großes Hexenkraut (Circaea lutetiana). Südlich der Mochwiese wächst ein Buchenbestand, der dem FFH-LRT 9110 Hainsimsen-Buchenwald (0,2 ha) zuzuordnen ist.

Fauna

Am Sollnitzbach im Südwesten des Schutzgebietes befindet sich eine Ansiedlung des Bibers (Castor fiber).
Im Gebiet konnten zehn Fledermausarten nachgewiesen werden. Für das Braune Langohr (Plecotus auritus) ist die Reproduktion belegt, für Mops- (Barbastella barbastellus) und Brandtfledermaus (Myotis brandtii) sehr wahrscheinlich. Breitflügel- (Eptesicus serotinus), Zwerg- und Mückenfledermaus (Pipistrellus pipistrellus, P. pygmaeus) sowie Graues Langohr (Plecotus austriacus) frequentieren das Gebiet zur Nahrungssuche.

Die offenen und halboffenen Habitate der Oranienbaumer Heide werden zudem von der Schlingnatter (Coronella austriaca) besiedelt. Ihr Hauptbeutetier, die Zauneidechse (Lacerta agilis), kann in individuenreichen Beständen erwartet werden.

Auch die Kreuzkröte (Bufo calamita) lebt in den offenen Habitaten.

Im Sollnitzbach konnten keine FFH-relevanten Fischarten nachgewiesen werden. Allerdings ist die charakteristische Bachfischfauna mit Gründling (Gobio gobio), Dreistachligem Stichling (Gasterosteus aculeatus) und Schmerle (Barbatula barbatula) hervorzuheben.

Als bemerkenswerte Libelle kommt im Bereich des Sollnitzbaches sowie im Mühlgraben die Grüne Keiljungfer (Ophiogomphus cecilia) vor. Hier wurden 1995 erstmals Imagines und Larven nachgewiesen.

Im EU SPA bietet die Dominanz der Heide- und Pionierwaldsukzessionsstadien verschiedenen wertgebenden Brutvogelarten besonders günstige Bruthabitate. So werden die zentralen Gebietsteile vom Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) in so hohem Bestand besiedelt, dass das Gebiet zu den wichtigsten Brutplätzen der Art innerhalb Sachsen-Anhalts gehört. Weiterhin kommen Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria), Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) und Grauammer (Emberiza calandra) in bedeutender Zahl vor. Der Bestand der Heidelerche (Lullula arborea) ist wegen der fortschreitenden Verbuschung hingegen deutlich rückläufig. Der Brachpieper (Anthus campestris) fehlt mittlerweile als Brutvogel.

Links/Dokumente

Literaturliste (PDF, nicht barrierefrei): 65, 115, 116, 207, 212, 264, 287, 315, 391, 407, 413, 466, 554, 566
verändert nach: Jentzsch, M. und Reichhoff, L. (2013): Handbuch der FFH-Gebiete Sachsen-Anhalts. Hrsg. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Halle (Saale). 616 Seiten

Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (PDF, nicht barrierefrei)

Den Standarddatenbogen und die Meldekarte finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz.

Das Natura 2000-Gebiet ist durch das Naturschutzgebiet "Oranienbaumer Heide" bereits rechtlich gesichert.