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Grundlegende Fragen rund um Natura 2000

1. Was ist NATURA 2000?

Natura 2000 ist die Bezeichnung für ein zusammenhängendes Netz besonderer europäischer Schutzgebiete und setzt sich aus Vogelschutzgebieten und FFH-Gebieten zusammen.

Der Zustand von natürlichen Lebensräumen und Populationen wildlebender Tier- und Pflanzenarten hat sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts im Gebiet der EU-Mitgliedstaaten bedrohlich verschlechtert. Um die Lebensräume und Arten als Teil des Naturerbes der Gemeinschaft zu erhalten, wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, mit Natura 2000 ein kohärentes (zusammenhängendes) europäisches Netz besonderer Schutzgebiete zu entwickeln. Das Ziel von Natura 2000 ist es, innerhalb der europäischen Union einen günstigen Erhaltungszustand von Lebensräumen sowie Tier- und Pflanzenarten zu bewahren oder wiederherzustellen. Ein Weg, dieses Ziel zu erreichen, ist die Ausweisung besonderer Schutzgebiete.

2. Was sind die Grundlagen für Natura 2000?

Die Europäische Vogelschutz-Richtlinie (VSchRL, 2009/147/EG) und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, 92/43/EWG) bilden die rechtlichen Grundlagen für das Schutzgebietsnetz Natura 2000. In ihren Anhängen sind die natürlichen
Lebensräume und die Tier- und Pflanzenarten aufgeführt, die europaweit geschützt werden sollen. EU-Richtlinien sind für die Mitgliedsstaaten hinsichtlich der zu erreichenden Ziele verbindlich. Nach Überführung der Richtlinien in nationales
Recht bilden für Sachsen-Anhalt vornehmlich das Bundesnaturschutzgesetz und das Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt die weiteren rechtlichen Grundlagen.

Das Ziel der Vogelschutz-Richtlinie ist es, sämtliche im Gebiet der EU-Staaten natürlicherweise vorkommenden Vogelarten, einschließlich der Zugvogelarten, in ihrem Bestand dauerhaft zu erhalten. Dazu dienen die Europäischen Vogelschutzgebiete (Special Protection Areas, SPA). Die FFH-Richtlinie hat zum Ziel, wildlebende Arten und deren Lebensräume zu schützen und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern. Dafür werden Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) eingerichtet. Sowohl Vogelschutz- als auch FFH-Gebiete werden als Natura 2000-Gebiete bezeichnet. Die Vogelschutz- und FFH-Gebiete aller EU-Mitgliedstaaten bilden das europaweite Schutzgebietsnetz Natura 2000.

Zum Schutz der Arten und Lebensräume haben die Mitgliedstaaten in einem ersten Schritt Vorschläge für Vogelschutz- und FFH-Gebiete an die EU-Kommission übermittelt. Nach Prüfung und Bestätigung der vorgeschlagenen Gebiete durch die EU
müssen diese in einem weiteren Schritt gesichert werden. Gemäß FFH-Richtlinie hat die rechtliche Sicherung bevorzugt durch die Ausweisung der gemeldeten Gebiete als besondere Schutzgebiete (SAC = Special Area of Conservation) zu
erfolgen. Dabei sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie erhebliche Störungen von Arten zu vermeiden.

Mehr dazu lesen Sie in den Kapiteln Richtlinien und Grundsätze  und Umsetzung in Sachsen-Anhalt.

3. Was verbindet Sachsen-Anhalt und Natura 2000?

In Sachsen-Anhalt kommt der Rotmilan (Milvus milvus) in hohen Siedlungsdichten vor. Etwa die Hälfte des gesamten Rotmilan-Weltbestandes brütet in Deutschland. Damit kommt Deutschland eine bedeutende internationale Verantwortung beim Schutz und bei der Erhaltung dieser Greifvogelart zu. Doch die Bestandsentwicklung ist rückläufig. Ursachen dafür sind die Verringerung des Nahrungsangebotes durch veränderte Landnutzung, Rückgang von Brutplätzen und Verlust von Tieren durch Freileitungen und Windkraftanlagen.
Der Rotmilan ist im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt. Dieser Anhang listet Vogelarten auf, deren Vermehrung und Überleben durch besondere Schutzmaßnahmen der Lebensräume im Rahmen des Schutgebietsnetzes Natura 2000 europaweit sichergestellt werden soll.

Der bundesweit recht seltene, in Sachsen-Anhalt jedoch relativ weit verbreitete, Lebensraumtyp der Subpannonischen Steppentrockenrasen ist das Ergebnis einer traditionellen Landbewirtschaftung mit Schafen und Ziegen. Durch zunehmende Nutzungsaufgabe sind die Steppentrockenrasen im europäischen Gebiet vom Verschwinden bedroht. Sie sind im Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie enthalten und gehören damit zu den natürlichen Lebensräumen von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen. Sachsen-Anhalt hat eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieses prioritär zu schützenden Lebensraumes.

Die Rotbauchunke (Bombina bombina) zählt zu den gefährdesten Amphibienarten Mitteleuropas. Gefährdungsursachen sind der Verlust oder die Zerschneidung der Lebensräume, intensive Landwirtschaft und wasserbauliche Maßnahmen. Die westliche Grenze des Vorkommens der Rotbauchunke verläuft durch Deutschland und Sachsen-Anhalt, woraus eine besonders hohe Verantwortung zur Erhaltung der Art resultiert. Die Rotbauchunke ist im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt. Das heißt, sie gehört in Europa zu den Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse, für die besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen, um damit den Erhalt der Art zu sichern.

Der Frauenschuh (Cypripedium calceolus) kommt in Sachsen-Anhalt in wärmeliebenden Wäldern, in Gebüschen oder Säumen vor. Die Orchidee ist sehr selten und bereits vielfach verschwunden. Grund dafür sind insbesondere geänderte Waldwirtschaftsformen. Als im Anhang II der FFH-Richtlinie gelistete Art gehört der Frauenschuh zu den Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung europaweit Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen.

In Sachsen-Anhalt gibt es noch viele weitere bemerkenswerte Tiere, Pflanzen und Lebensräume, deren Zustand sich nicht weiter verschlechtern soll. Mit der Sicherung der Natura 2000-Gebiete leistet auch das Land Sachsen-Anhalt seinen Beitrag zum Aufbau des Schutzgebietsnetzes Natura 2000 und damit zum Erhalt dieser Lebensräume und Arten als Teil des Naturerbes der Europäischen Gemeinschaft.

4. Wie sieht NATURA 2000 in Sachsen-Anhalt aus?

In Sachsen-Anhalt kommen aktuell mehr als 50 der 231 im Anhang I der FFH-Richtlinie aufgelisteten Lebensraumtypen vor. Über 50 Tier- und Pflanzenarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie und mehr als 70 Arten der im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführten Vogelarten sind hier nachgewiesen.

Um die natürlichen Lebensräume und die Habitate der Arten zu erhalten, zu sichern und zu schützen, gibt es in Sachsen-Anhalt aktuell 266 FFH-Gebiete und 32 Vogelschutzgebiete.

Die FFH-Gebiete in Sachsen-Anhalt nehmen eine Fläche von rund 180.000 ha ein. Die Fläche der Vogelschutzgebiete umfasst etwa 170.000 ha. FFH- und Vogelschutzgebiete können sich vollständig oder teilweise überlagern. In Sachsen-Anhalt nimmt die Gesamtheit der Natura 2000-Gebiete eine Fläche von ca. 232.000 ha ein, dies entspricht 11,3 % der Landesfläche.

Das größte Natura 2000-Gebiet Sachsen-Anhalts ist mit einer Fläche von 19.348 ha die Colbitz-Letzlinger Heide. Es beinhaltet das größte zusammenhängende und unzerschnittene Heidegebiet Mitteleuropas. Auch das größte Vogelschutzgebiet befindet sich hier.
Kleine FFH-Gebiete sind neben den Fledermausquartieren beispielsweise die "Salzstelle Wormsdorf" (3 ha) in der Börde oder der "Erlen-Eschenwald bei Gutenberg nördlich Halle" (4 ha) im Saalekreis.

5. Wie können Natura 2000-Gebiete gesichert werden?

Um den Anforderungen der Natura 2000-Richtlinie gerecht zu werden, müssen die der EU-Kommission gemeldeten Gebiete hoheitlich gesichert, d. h. unter Schutz gestellt werden. Der § 32 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) legt fest, in welcher Form dies geschehen kann. Demnach müssen die Gebiete mittels Rechtsverordnung zu „geschützten Teilen von Natur und Landschaft“ (z. B. Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete) erklärt werden. Eine solche Rechtsverordnung muss gemäß § 32 Abs. 3 BNatSchG den Schutzzweck festlegen, die Gebietsbegrenzung vornehmen und geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen beinhalten. Die geschilderte Art der Unterschutzstellung kann nur unterbleiben, sofern ein gleichwertiger Schutz gewährleistet wird. Für einen solchen „alternativen Schutz“ kommen gemäß § 32 Abs. 4 BNatSchG u.a. andere Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften oder auch vertragliche Vereinbarungen in Frage.

6. Was ist FFH-Monitoring?

Der Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume wird von den Mitgliedstaaten überwacht. Hierzu legen sie gemäß Art. 17 der FFH-Richtlinie alle 6 Jahre Berichte an die EU über die durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen und die Ergebnisse der Überwachung vor. In Deutschland sind die Bundesländer bzw. Stadtstaaten zuständig. In Sachsen-Anhalt wird der Bericht vom Landesamt für Umweltschutz (LAU) in Halle erstellt.

Weitere Informationen zur Managementplanung und die bereits fertiggestellten Managementpläne finden Sie auf der Internetseite des Landesamtes für Umweltschutz unter Managementpläne.